Sturmholz wird zum Risiko

Das Sturmtief Xynthia hat in den Wäldern in Eifel und Hunsrück sowie an der Mosel Schäden hinterlassen, die für immer sichtbar sein werden - auch, weil die Forstämter nun mehr auf Artenreichtum setzen. Die Aufräumarbeiten stehen vor dem Abschluss. Wegen der Hitze drängt die Zeit.

Daun. 433 000 Festmeter Holz hat Xynthia in den Kreisen Bernkastel-Wittlich, Bitburg-Prüm sowie im Vulkaneifelkreis im Februar zu Boden geworfen. Am härtesten traf der Orkan das Forstamt Traben-Trarbach mit 110 000 Festmetern Holz. "Zum Teil sind ganze Wälder weg", sagt Forstamtsleiter Franz-Josef Sprute. Folglich dauert die Aufarbeitung der gefallenen Bäume dort länger, wahrscheinlich bis zum Frühjahr 2011. In den restlichen Forstämtern liegen die Arbeiten in den letzten Zügen und werden bis zum Herbst abgeschlossen sein.

Holzpreis steigt erstmalig nach Xynthia an



Trotz der großen Menge an Holz, das Xynthia auf den Markt spülte, ist der Preis nicht eingebrochen. Im Gegenteil: Zum ersten Mal stieg er nach einem Sturm sogar leicht an. Ein Festmeter Nadelholz kostet derzeit rund 75 Euro. Grund sei, dass der Orkan nur Rheinland-Pfalz und Hessen getroffen habe, erklärt Sprute. Händler andernorts hätten reagiert und ihr Angebot gedrosselt, damit nicht zu viel Holz auf dem Markt ist. Nur marginale Preisnachlässe gab es wegen der von der Windbewegung verursachten Haarrisse im Holz, sagt Michael Zander, Büroleiter des Forstamts Gerolstein. Der Großteil des Materials wurde als Massenware von der Bauholzindustrie verwertet - zum größten Teil in der Region. "Die Holznachfrage ist schon beängstigend. Wir machen uns Sorge, wo wir das Holz noch herholen sollen", beschreibt Martin Manheller, Leiter des Forstamts Hillesheim, die Situation.

Was kurzzeitig Geld in die Kassen der Kommunen spült, bedeutet für die nächsten Jahre einen Umsatzrückgang, da sie dann weniger Holz fällen dürfen. Außerdem schlagen die Kosten für die Wiederaufforstung zu Buche.

Für die Aufarbeitung drängt mittlerweile die Zeit. Konnten bisher zum Beispiel in Wittlich viele Bäume liegen gelassen werden, um sie erst später zu verkaufen, rücken ihnen nun die Schädlinge zu Leibe. Denn sie bieten dem Hitze liebenden Borkenkäfer, dem das nasse, kalte Frühjahr noch einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte, reichlich Brutmaterial. "Es wird jetzt höchste Eisenbahn, dass wir die letzten Bäume wegräumen", sagt Zander. "Die ersten Borkenkäfer und Buchdrucker bohren sich schon ins Holz." Darunter könne die Qualität leiden.

Eine weitere Gefahr geht von ausgetrockneten Ästen, Reisig und Kronenmaterial aus: Es ist leicht entzündbar und erhöht damit die Waldbrandgefahr auf den Windwurfflächen, erklärt der Bitburger Forstamtsleiter Karl-Heinz Heyne. Außerdem vermehrt sich das Wild wegen des großen Nahrungsangebots, das auf den Freiflächen heranwächst, stärker - was künftig zu mehr Wildverbiss führen wird, sagt Manheller.

Gleichzeitig arbeiten die Forstämter an den Plänen für die Aufforstung. Die Mischung macht's, heißt die Losung. Mischwälder sind resistenter gegen Windwurf sowie Schädlinge und kommen besser mit den Folgen des Klimawandels zurecht. Schließlich könne es, so Zander, künftig häufiger Stürme in der Größenordnung von Xynthia geben.

Vor allem Fichten können ihnen schlecht standhalten, da ihre flachen Wurzeln wenig Halt geben. Auch die Klimaerwärmung macht ihnen zu schaffen, da Hitze und Trockenheit sie stressen, was die Anfälligkeit für Schädlinge erhöht. Während Sprute für seinen Beritt Traben-Trarbach aussagt, dass die Fichte daher künftig kaum noch gepflanzt werde, hält Zander sie noch immer für den sogenannten Brotbaum der Forstwirtschaft in der Eifel, da sie schlicht mehr Geld einbringe.

Dennoch: Heimische Baumarten werden wieder die Wälder erobern. Bei den Nadelbäumen ist die Douglasie stärker gefragt, bei den Laubbäumen sind es vor allem Buche, Eiche und Edellaubhölzer. War Xynthia also für die Forstwirtschaft auch eine Chance, sich frühzeitiger für die Klimaerwärmung zu wappnen? "Nun ja", sagt Sprute, "wir hätten lieber peu à peu umgeplant."

Meinung

Keine schnelle Rendite

So desaströs die Folgen von Xynthia für die hiesigen Wälder auch sind: Der Sturm spült kurzfristig Geld in die klammen Kassen der Kommunen. Denn der Großteil des verkauften Holzes stammt aus Gemeindewäldern. Doch die finanzielle Erleichterung wird nur kurz währen - nicht nur wegen der zum Teil deutlich niedrigeren Einnahmen in den nächsten Jahren, da weniger Bäume gefällt werden dürfen. Wollen die Kommunen weiterhin von der hohen Nachfrage nach dem Rohstoff und Energieträger Holz profitieren, müssen sie nun kräftig in die Aufforstung investieren. Dabei müssen sie sich auf die Folgen des Klimawandels einstellen. Es bringt nichts, weiter auf die Fichte zu setzen, weil sie vergleichsweise schnell hohe Rendite bringt, wenn sie zu anfällig für Schäden durch Stürme, Hitze und Trockenheit ist - Probleme, die sich bei Xynthia gezeigt haben und sich wiederholen würden. Wollen die Gemeinden langfristig Profit aus der großen Holznachfrage schöpfen, müssen sie auf Artenvielfalt setzen. u.quickert@volksfreund.deExtra Schadholz: Am meisten betroffen von Xynthia waren nach dem Bereich des Forstamts Traben-Trarbach die Gebiete Gerolstein, Hillesheim und Dhronecken mit jeweils etwa 65 000 Festmetern Holz und Wittlich mit 55 000 Festmetern. Prüm (30 000), Neuerburg (25 000) und Bitburg (18 000 Festmeter) liegen nicht mehr im Hauptschadensgebiet. Kurz vor Abschluss steht die Aufarbeitung in Gerolstein, Prüm und Bitburg. In Dhronecken und Neuerburg sind die Arbeiten wahrscheinlich Anfang September beendet, in Hillesheim und Wittlich Ende September. (uq)

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