Medizin Wenn der Clown leise klopft

Bernkastel-Kues · Henning Leidinger besucht ältere Menschen in der Geriatrie im Krankenhaus in Bernkastel-Kues, um  zu singen, jonglieren  oder zu zaubern. Dabei schlägt er leise Töne an und beweist viel Einfühlungsvermögen.

 Diplompädagoge Henning Leidinger besucht ältere Menschen in der Geriatrie des Krankenhauses in Bernkastel-Kues.

Diplompädagoge Henning Leidinger besucht ältere Menschen in der Geriatrie des Krankenhauses in Bernkastel-Kues.

Foto: TV/Nora John

Frieda Pauly liegt auf ihrem Krankenhausbett. Trotz der drückenden Hitze ist sie gerade dabei, Strümpfe zu stricken, als Henning Leidinger in seiner Rolle als Clown Lolek leise an ihre Tür klopft. Der Spaßmacher trägt blaue Schuhe, rote karierte ­Stümpfe, eine grüne Dreiviertelhose, weißes Hemd und eine grüngelbe Weste. Auf dem Kopf ein Hut und auf der Nase eine runde Brille. Die alte Dame lächelt. Sie freut sich über den Besuch und etwas Ablenkung. Leidinger stellt sich vor und fragt erstmal nach ihrem Strickzeug.

Clown Lolek ist nicht laut oder aufdringlich. Im Gegenteil, ganz behutsam nimmt er Kontakt auf. Er bietet der Patientin an, wahlweise etwas Musik zu machen, zu zaubern oder zu jonglieren. Frieda Pauly wählt die Musik. Als Leidinger mit seinem kleinen Banjo und der Mundharmonika „muss i‘ denn

zum Städtele hinaus“ wippen ihre Füße im Takt. „Toll“, sagt sie, als das Lied verklungen ist. Auch das zweite Lied „Mein Hut der hat drei Ecken“ ist ihr bekannt, wieder wippen die Füße.

Leidinger zeigt, was er noch kann als Clown. Er holt einige Jonglierbälle aus seiner Gießkanne, die er wahlweise als „Handtasche“ oder als Blasinstrument einsetzen kann. Zu Musik vom Handy fliegen die Bälle durch die Luft. Der Besuch von Clown Lolek bereitet Frieda Pauly sichtbar Freude. „Es ist eine kleine Ablenkung“, sagt sie.

Dass der Clown bei den Patienten  der Geriatrie erwünscht ist, ist nicht immer so. Bei seiner Tour durch die Räume betritt Leidinger vorsichtig einen Raum und stellt sich zwei Damen vor. Doch die beiden möchten nicht, sie sind zu müde. Kein Problem, Leidinger geht raus und schließt leise die Tür. Völlig tabu sind die Besuche natürlich, wenn gerade eine Untersuchung oder eine Anwendung ansteht. Auch, wenn ein Patient gerade telefoniert, gibt Leidinger Zeichen, dass er später noch einmal wieder kommt. Schön sei es für ihn, wenn Angehörige da sind. „Die können Brücken bauen“, sagt Leidinger. Zum Beispiel erzählen, was den Kranken interessiert.

Einmal pro Monat besucht Leidinger die Geriatrie, meistens nachmittags, denn dann ist es ruhiger ohne Visiten und Anwendungen. Im Krankenhaus ist er dagegen öfter unterwegs. Dann aber unterhält er die jungen Patienten auf der Kinderstation. „Ältere Menschen bringen einen großen Erfahrungsschatz mit ein“, sagt Leidinger. Und darauf geht er bei seinen Besuchen ein. Ein weiterer Patient, den er an diesem Tag besucht, möchte keine Zaubertricks sehen, weil ihn das daran erinnert, wie ihn früher Amerikaner beim Kartenspielen mit Tricks über den Tisch gezogen haben. Statt Zauberei gibt es für ihn statt dessen „Ring of fire“, bekannt durch den Countrysänger Johnny Cash.

Wichtig für den Clown ist die Unterstützung der Stationsmitarbeiter. Wenn er seinen Besuch antritt, erhält er eine Liste von Menschen, die sich möglicherweise über einen Besuch freuen würden und einige Informationen. Zum Beispiel erfährt er, ob es Menschen mit Stimmungsschwankungen unter den Patienten gibt. In einem solchen Fall versucht er möglicherweise ein zweites Mal, Kontakt aufzunehmen, falls er beim ersten Mal abgewiesen wurde.

Für die Mitarbeiter auf der Station ist der Clown, dessen Besuch immer gut sichtbar auf Plakaten angekündigt wird, eine wichtige Hilfe. „Es ist eine gute Ergänzung zur medizinischen und therapeutischen Behandlung“, sagt Ergotherapeut Andreas Höcker. „Die Patienten sind nicht mehr nur auf die Krankheit fixiert“, erzählt Stationsleiterin Brigitte Krämer-Ehlen. Die Patienten hätten plötzlich etwas zu erzählen und würden oft noch Tage danach davon reden.

Anders als die Klinikmitarbeiter könne der Clown die Patienten ganz im Hier und Jetzt abholen. Auch, wenn es jemand mit der Wahrheit nicht ganz genau nimmt, was für Arzt und Pflegepersonal problematisch sein kann, der Clown ist in der Lage, völlig wertfrei damit umzugehen.

Möglich ist der Einsatz von Henning Leidinger in der Geriatrie nur, weil die vvr-Bank seinen Einsatz sponsort. Schon zuvor hatte die Bank seinen Einsatz auf der Kinderstation unterstützt. Das wird mittlerweile von Spenden getragen, so dass dieses Angebot für ältere Menschen geschaffen werden konnte.

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