Kampf gegen das Schuldenmachen

Die Fraktionschefs von SPD, CDU und FDP im Landtag ringen mit dem Landtagspräsidenten hinter den Kulissen um eine Verfassungsänderung, die nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit des Parlamentes möglich ist. Dabei geht es um das Thema "Schuldenbremse".

Mainz. Im Haushalt des Landes Rheinland-Pfalz klaffen riesige Löcher. Laut Landesrechnungshof wird die Verschuldung Ende dieses Jahres rund 33 Milliarden Euro betragen. Zum Vergleich: Für dieses Geld könnte man rund 1,3 Millionen VW Golf kaufen. Dessen ungeachtet wurden bislang Jahr für Jahr neue Kredite aufgenommen.

Doch damit soll bald Schluss sein. Die Föderalismus-Kommission von Bund und Ländern hat sich Anfang 2009 auf eine "Schuldenbremse" verständigt. Die Ende Mai vom Bundestag und Anfang Juni 2009 vom Bundesrat abgesegnete Regelung untersagt den Ländern ab 2020 eine Nettokreditaufnahme. In der Landespolitik laufen nun Verhandlungen, wie die Vorgabe umgesetzt werden soll.

Dabei spielen unter anderem staatsrechtliche Aspekte eine Rolle. Zum Beispiel die Frage, ob den Ländern die Null vorgeschrieben werden kann, während der Bund auch künftig neue Schulden in Höhe von maximal 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP, gibt den Gesamtwert aller Waren und Dienstleistungen an, die innerhalb eines Jahres in einem Land hergestellt werden) machen darf. Eine Arbeitsgruppe der Fraktionschefs Jochen Hartloff (SPD), Christian Baldauf (CDU) und Herbert Mertin (FDP) hat mit Landtagspräsident Joachim Mertes einen Entwurf des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtags für eine Gesetzesregelung diskutiert. Die Teilnehmer zeigen sich vorsichtig optimistisch, eine einheitliche Sprachregelung zu finden.

"Die unterschiedliche Behandlung von Bund und Ländern ist merkwürdig. Schleswig-Holstein klagt dagegen", sagt Hartloff. Auf einen Konflikt will er es gleichwohl nicht ankommen lassen. Die SPD pocht darauf, eine strukturelle Komponente einzufügen. Bei unabwägbaren Risiken, für die das Land nichts kann (etwa Steuerausfälle), sollen neue Kredite möglich sein. Genau das stößt allerdings auf Widerstand: "Ministerpräsident Kurt Beck hätte am liebsten gar keine Schuldenbremse", mutmaßt CDU-Sprecher Gerd Schreiner. Deshalb sei eine solche Komponente "ein Einfallstor, um nach Belieben Schulden zu machen".

Parlament soll zum Sparen gezwungen werden



Die Union will ihrerseits verbindliche Tilgungspläne in dem Gesetz verankert wissen, um das Parlament durch die Verfassungsänderung zu binden und zum Sparen zu zwingen. Schreiner betont: "Das gilt dann auch für alle künftigen Regierungen, egal welcher Couleur." Der Christdemokrat signalisiert Kompromissbereitschaft. "Wir wollen schon mit der Landesregierung an einem Strang ziehen."

Der CDU-Vorschlag "zur Güte", falls die SPD auf ihrer strukturellen Komponente beharrt, lautet: dann eher für das Land die gleiche Regelung wie im Bund, also maximal neue Kredite in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Das wiederum wird sowohl von Jochen Hartloff als auch von FDP-Fraktionschef Herbert Mertin als "ambivalent" bezeichnet. "Einerseits sind der CDU die Vorschläge nicht konkret und strikt genug, andererseits will sie eine solche Möglichkeit eröffnen", sagt Mertin. Hartloff verweist darauf, eine BIP-Klausel "schriebe einen Konflikt mit dem Bund fest". Sein Fazit: "Die Wege des Herrn sind manchmal wundersam." Anfang März will die Arbeitsgruppe wieder zusammenkommen. Egal, wie das Ergebnis ausfällt, eins steht für Mertin bereits fest: "Künftig werden wir sehr diszipliniert und vorsichtig haushalten müssen." Und dann, sagt der Liberale, "weiß ich gar nicht, womit wir das Volk in Rheinland-Pfalz noch begeistern wollen".

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