Menschen Von Syrien nach Trier – Samar Ismail und ihr langer Weg in ein neues Leben

Trier · Wie ist es, wenn Menschen gezwungen werden, von zu Hause zu fliehen? Wie ist es, sich ein neues Leben aufbauen zu müssen? Samar Ismail kommt aus Syrien und lebt in Trier. Sie erzählt ihre Geschichte.

 Samar Ismail vor dem Eingang der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Palais e.V. in Trier

Samar Ismail vor dem Eingang der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Palais e.V. in Trier

Foto: Sina Olbrich

„Ich wollte nie meine Heimat verlassen“, sagt Samar Ismail. „Aber die Angst war immer da, das kann man sich hier nicht vorstellen.“ In Syrien, wo die heute 36-Jährige geboren wurde, herrscht seit über zehn Jahren Krieg. Die Menschen leben in ständiger Angst und Armut. Wasser, Lebensmittel und Strom sind nicht ausreichend verfügbar.

Samar Ismail und ihr Mann beschlossen deshalb 2014, mit ihren zweijährigen Zwillingen das Land zu verlassen. Sie wollten in der Türkei ein neues Leben beginnen. Aber auch das erwies sich als schwierig, da dort im Norden ebenfalls Krieg herrschte. Auch eine eigene Wohnung zu finden war nicht möglich. Die Familie fand zeitweise Schutz bei der Schwester. Allerdings mussten sie hier auf engstem Raum leben, keine gute Situation auf Dauer. Nach knapp zwei Jahren haben Samar Ismail und ihr Mann entschieden, nach Deutschland weiterzureisen.

„„In Damaskus hat mir eine gute Freundin von Deutschland erzählt. Ich habe immer geträumt, dass ich das Land eines Tages selbst besuchen darf“, betont Samar, die in Syrien ein Grundstudium als Bauingenieurin absolviert hatte. „Nun hatten wir keine Wahl. Für uns war es die einzige Lösung, nach Deutschland zu gehen.“

Der Weg war nicht leicht. Nach zwei Monaten gelangten sie über Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich nach Deutschland – mit dem Zug, mit dem Auto und auch zu Fuß. „Ich hatte Zweifel, ob wir jemals ankommen. Es war sehr schwierig, vor allem mit den Kindern“, sagt die 36-Jährige. „Zum Glück erinnern sie sich nicht so genau daran.“ Die Hoffnung habe sie angetrieben. Die Hoffnung auf Sicherheit, Arbeit, eine Zukunft für die Kinder – die Hoffnung auf ein besseres Leben.

Die Familie kam 2016 zunächst in einem Asylbewerberheim in Saarbrücken unter und fand nach kurzer Zeit eine Wohnung in Trier. Hier verbesserten Samar Ismail und ihr Mann sofort ihre Deutschkenntnisse. Die junge Frau bemühte sich um die Anerkennung ihres Ingenieurabschlusses bei der Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz. Beim Zusammenstellen der Unterlagen und dem Übersetzen der Zeugnisse half ihr die IQ Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung des Palais e.V. Parallel dazu begann sie in Trier eine Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement. Als Samar ihre Anerkennung als Ingenieurin erhalten hatte, empfahl ihre Chefin, die Ausbildung abzubrechen und eine Arbeitsstelle gemäß ihrer Qualifikation zu suchen.

So absolvierte sie 2018 ein Praktikum in einem Ingenieurbüro, was jedoch nicht zu einer Festanstellung führte, wie Samar gehofft hatte. Trotz zahlreicher Weiterbildungen, Praktika und Bewerbungen, fand sie über mehrere Jahre hinweg keine Stelle. „Ich war verzweifelt“, sagt Samar heute. „Aber ich habe nicht aufgegeben.“ Ausdauer und Willensstärke sollte sich auszahlen.

Nach fünf Jahren hat Samar Ismail im Sommer endlich eine Arbeitsstelle gefunden. „Ich bin sehr zufrieden. Die Arbeit macht Spaß und das Arbeitsklima ist sehr angenehm. Ich lerne jeden Tag etwas Neues.“ Sie ist nun für die Vermessung und Dokumentation von Wasser- oder Stromleitungen zuständig. „Ich bin sehr glücklich“, sagt Samar. „Ich fühle mich mittlerweile mehr wie eine deutsche Frau.“

Samar Ismail, ihr Mann und ihre Töchter haben sich gut in Deutschland eingelebt. Sie haben viele Freunde gefunden und ihre Hoffnungen auf ein besseres Leben haben sich bewahrheitet. Die beiden Töchter sind mittlerweile in der vierten Klasse und kommen sehr gut in der Schule zurecht.

Samar ist Achim Hettinger von der Qualifizierungsberatung des Palais e. V., sehr dankbar. Er habe ihr bei der Arbeitssuche sehr geholfen. Auch jetzt treffen die beiden sich noch regelmäßig. „Wir haben eine Freundschaft geschlossen“, sagt Hettinger.

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