Von der Manege aufs Land Vom bunten Zirkusleben in den Hochwald

Geisfeld · Marietta und Gerd Koch sind seit mehr als 40 Jahren in der Manege zu Hause. Mit Tierdressur-Shows sind sie durch ganz Europa gereist. Seit etwa 15 Monaten leben sie mit ihren Hunden und Papageien auf einem Hof bei Geisfeld. Für die beiden ist das wie ein Lottogewinn.

 Pudeldame Madison und Papagei Loren fühlen sich wohl bei Marietta und Gerd Koch. Die beiden Zirkuskünstler leben mit ihren sieben Hunden und vier Vögeln seit etwa 15 Monaten auf einem Hof bei Geisfeld im Hochwald.

Pudeldame Madison und Papagei Loren fühlen sich wohl bei Marietta und Gerd Koch. Die beiden Zirkuskünstler leben mit ihren sieben Hunden und vier Vögeln seit etwa 15 Monaten auf einem Hof bei Geisfeld im Hochwald.

Foto: Trierischer Volksfreund/Christa Weber

Das Ehepaar Koch sitzt auf dem heimischen Sofa. Auf Mariettas Schoß liegt Pudeldame Madison, auf der Schulter von Ehemann Gerd hat es sich Ara Loren bequem gemacht. Was für den Normalbürger ein durchaus ungewöhnlicher Anblick ist, ist für die Kochs Alltag. Mit sieben Hunden und vier Papageien (zwei Aras, zwei Kakadus) leben sie seit etwas mehr als einem Jahr auf dem Bauscheiderhof bei Geisfeld. Die beiden sind Dressurspezialisten, die Tiere sind Teil ihrer Show.

In den Wintermonaten tritt das Paar in Weihnachtszirkussen oder bei Veranstaltungen auf. Den Sommer verbringen sie im Hochwald. „Wir wollten einfach ein bisschen sesshaft werden“, sagt Gerd Koch und lacht. Rund 40 Jahre lang seien sie mit verschiedenen Zirkussen durch Deutschland und ganz Europa gereist und hätten dabei jede Menge erlebt. „Aber jetzt sind wir hier auf dem Hof zu Hause – und wollen nie wieder weg.“

Kennengelernt haben sich Gerd und Marietta Anfang der 1980er Jahre im Zirkus Krone. „Ich bin dort geboren und aufgewachsen. Ich habe nie etwas anderes gekannt als das Zirkusleben“, sagt Marietta Koch. Wer wie ihr Mann von außen in diese Welt hineinwolle, der müsse „schon ein bisschen verrückt sein“. Er stamme aus Rüsselsheim, erzählt der Tierlehrer. Fast die ganze Familie habe bei Opel gearbeitet. Er habe schon als Junge davon geträumt, Clown zu werden und mit einem Zirkus zu reisen. Weil er schon früh gut reiten konnte, habe sein Vater stattdessen auf eine Ausbildung bei einem Gestüt gedrängt. „Das hat nicht geklappt, da hat er mich ziehen lassen.“

Mit 15 Jahren bewarb sich Gerd Koch beim Zirkus Krone als Stallbursche und stieg bald zum Assistenten bei der Pferdedressur auf. Pferde waren auch der erste Kontakt zur Tierdressur für seine spätere Frau. „Man schaut bei den Proben zu, lernt von den ‚alten Hasen’. Und irgendwann versucht man es selbst“, sagt Marietta. So habe sie bereits als Teenagerin mit Elefanten gearbeitet: „Es hat mich fasziniert, dass so eine Masse von Tier so feinfühlig sein kann.“

Zehn Jahre blieb das Paar beim Zirkus, dann bauten sie in einem Park in Norddeutschland eine Dressurschule auf. „Da haben wir wirklich alles trainiert – von der Maus bis zum Elefanten“, sagt Gerd Koch. Irgendwann sei es ihnen aber zu langweilig geworden, sie hätten das Reisen vermisst. Ihre nächste Station war für sieben Jahre die Manege der legendären Zirkusfamilie Simoneit-Barum. Später reifte die Idee, einen eigenen Tierpark im Emsland zu gründen. Nach drei Jahren zogen sie weiter nach Österreich, später nach Italien.

Vor fünf Jahren entschied das Paar, Pferde und andere Großtiere zu verkaufen und stattdessen eine Show mit Hunden und Papageien aufzubauen. „Wir werden nicht jünger. Und es ist schwere körperliche Arbeit, Pferde und Elefanten zu pflegen und Ställe auszumisten“, erklärt Marietta Koch. Die Diskussionen um Wildtier-Verbote in den Manegen habe damit nichts zu tun gehabt. Die Argumente mancher Tierschützer könne sie ohnehin nicht nachvollziehen: „Wir stehen unter so starker tierärztlicher Kontrolle. Bevor wir irgendwo hinfahren, kommt ein Amtsarzt, untersucht die Tiere und stellt entsprechende Dokumente aus.“

Bei ihrer Show mit den Pudeln und Papageien, sagen beide, achten sie auf natürliche Abläufe. „Die Papageien fahren zum Beispiel kein Fahrrad oder so was. Sie machen, was sie uns selbst anbieten“, sagt die Tierlehrerin.

Bei ihrer letzten Station in einem Tierpark in Paris hätten sie entschieden, sich ein Zuhause in Deutschland zu suchen und von dort aus Auftritte anzubieten. Doch die Nachfrage war nicht da. „Also mussten wir uns was überlegen. Da kam uns die Idee, eine Hundepension aufzumachen“, sagt Gerd Koch. Von März bis November versorgen sie Vierbeiner, deren Besitzer sich nicht selbst kümmern können. Rund ums Haus gibt es Wiesen und einen Agility-Parcours mit Sport- und Spielgeräten. Bislang läuft das Geschäft gut – wenn auch aufgrund der Corona-Pandemie die Aufträge für die nächsten Wochen storniert sind.

Dass sie den Hof bei Geisfeld gefunden hätten, sei wie ein Lottogewinn, sagt Gerd Koch. Er habe von Paris aus im Internet nach Angeboten gesucht. Wenn er anrief und die Zahl seiner Tiere nannte, sagt er, hätten manche Hausbesitzer gleich aufgelegt. Dann fand er eine Anzeige bei Ebay, vereinbarte einen Besichtigungstermin und war „gleich hin und weg“. Sie beide liebten das Land. Und es gebe im direkten Umfeld keine Nachbarn. „Die Papageien können sehr laut sein, das will ich niemandem zumuten“, sagt Marietta Koch. Bis nach Trier oder Saarbrücken sei es zudem nicht weit, falls man doch mal in die Stadt wolle.

 D ie Tiertrainer Gerd und Marietta Koch zeigen in ihrer Show Kunststücke mit Pudeln und Papageien.

D ie Tiertrainer Gerd und Marietta Koch zeigen in ihrer Show Kunststücke mit Pudeln und Papageien.

Foto: Gerd Koch

Die Hochwälder hätten sie „mit offenen Armen empfangen“, sagen beide. Sie hätten schon einige Kontakte geknüpft. „Wir genießen die Ruhe, obwohl unsere Tiere und vierbeinigen Gäste uns auf Trab halten.“ Und ganz auf die Zirkusluft verzichten wollten sie nicht. „Im Winter müssen wir auf die Bühne.“

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