Fußball Schalke-Fans zwischen Frust und neuer Lust

Trier/Gilzem · Anhänger der Königsblauen aus der Region trauern nach dem Abstieg, können aber auch der nächsten Saison in der 2. Liga Positives abgewinnen.

 Aktuell herrscht viel Tristesse auf Schalke. Da schwelgen die Fanclubs von Moselpower Trier (oben rechts) und die Eifelknappen (darunter) gerne schon mal in Erinnerungen an stimmungsvolle Touren.

Aktuell herrscht viel Tristesse auf Schalke. Da schwelgen die Fanclubs von Moselpower Trier (oben rechts) und die Eifelknappen (darunter) gerne schon mal in Erinnerungen an stimmungsvolle Touren.

Foto: dpa/Guido Kirchner

Wann der vierte Bundesligaabstieg des FC Schalke 04 feststeht, war eigentlich nur eine Frage der Zeit – den Nachweis ihrer Wettbewerbsfähigkeit hatten die Königsblauen in der ablaufenden Saison nur höchst selten erbracht.

„Eigentlich“, sagt Gerd Strellen, Vorsitzender des 1994 gegründeten Schalke-Fanclubs Eifelknappen mit Sitz in Gilzem, „war mir in den vergangenen Wochen nur noch wichtig, dass es irgendwann vorbei ist“. Als der Abstieg nach dem 0:1 am Dienstag im Auswärtsspiel bei Arminia Bielefeld dann feststand, habe es ihn noch einmal emotional gepackt, muss der 58-Jährige aus Trimport (Eifelkreis Bitburg-Prüm) zugeben: „Coronabedingt nicht im Stadion, sondern alleine auf der Couch das miterlebt zu haben, dann noch die ergreifenden Worte unseres Teammanagers Gerald Asamoah: Das war schon eine komische Situation.“

Schon lange habe er den Glauben an das Team verloren. Zu herzlos waren viele Vorstellungen der in den vergangenen Monaten oft hoffnungslos unterlegenen Königsblauen. „Jetzt muss ein kompletter Neuanfang her“, fordert Strellen, der seit 1972 Anhänger der Schalker ist: Gerade hatten sie dank eines glorreichen 5:0 über den 1. FC Kaiserslautern den DFB-Pokal gewonnen, waren aber zuvor durch den Bundesligaskandal in Bedrängnis geraten. „Alle waren damals gegen Schalke. In mir hat das eine Art Trotzreaktion ausgelöst und ich bin erst recht treu geblieben.“

Genauso wie Strellen sieht auch Marko Arnoldi vom Fanclub Moselpower aus Trier den Hauptgrund für den Niedergang im Wirken des damaligen Sportvorstands Christian Heidel begründet: Zwischen 2016 und ’19 gab der frühere und inzwischen wieder zu Mainz 05 zurückgekehrte Verantwortliche 154 Millionen Euro für neue Spieler aus. Die meisten davon erfüllten die Erwartungen in keinster Weise. Sündhaft teuer waren besonders die Verpflichtungen von Nabil Bentaleb (19 Millionen Euro), Breel Embolo (26,5 Millionen), Sebastian Rudy (16 Millionen) oder Yevhen Konoplyanka (zwölf Millionen). Arnoldi spricht von „Misswirtschaft“ und einer „desolaten Personalpolitik“: Als Heidel kam, wurde „soviel Geld verbrannt, dass dies später nicht mehr aufzufangen war. Den Scherbenhaufen von überteuerten und überzahlten Spielern, den Heidel hinterlassen hat, war der Anfang vom Untergang“.

 Schalke 04 Moselpower

Schalke 04 Moselpower

Foto: Schalke 04 Moselpower

Auch das seit gut einem Jahr währende Zuschauerverbot habe eine Rolle gespielt, glaubt Gerd Strellen: „Vereine, die Energie darausziehen, wenn Zehntausende auf den Rängen sie anfeuern, haben darunter mehr zu leiden, wie etwa ein VfL Wolfsburg oder eine TSG Hoffenheim, wo nicht so viele Leute im Stadion sind“. Mit Wehmut denkt er an die vielen Champions-League-Touren mit seinen Kumpels vom Fanclub zurück: „Vor gut zwei Jahren besuchten wir noch das Achtelfinale gegen Manchester City. Das ist jetzt gefühlt schon eine Ewigkeit her.“

Doch sowohl bei den Eifelknappen, wie auch bei den Moselpo­wer-Mitgliedern geht der Blick nach vorne. „Ein Neuanfang mit jungen, unverbrauchten Spielern und dazu noch etwas Erfahrung wäre ein guter Anfang. Unsere Knappenschmiede ist auf der ganzen Welt bekannt, und alle großen Vereine in Europa haben schon mal Spieler in ihrem Kader gebabt, die bei uns ausgebildet wurden. Der FC Bayern bedient sich ja schon seit Jahrzehnten daran“, sagt Arnoldi und spielt damit unter anderem nicht zuletzt auf den in Gelsenkirchen ausgebildeten Welttorhüter Manuel Neuer an. Auf ein Wiedersehen mit den befreundeten Anhängern des 1. FC Nürnberg in der 2. Liga freut sich Strellen ebenso wie auf die Begegnungen mit vielen anderen Traditionsvereinen: „Vielleicht steigt Köln auch noch ab, der HSV nicht auf, in der 3. Liga sind Dynamo Dresden und Hansa Rostock ganz vorne: Das wären schon einige reizvolle Duelle.“ Noch gut kann er sich an die letzte Phase der Schalker in der Zweitklassigkeit erinnern, ehe 1991 der Wiederaufstieg gelang: „1989 haben wir uns erst am letzten Spieltag durch ein 4:1 über Blau-Weiß 90 Berlin gerettet, sonst wären wir aus der 2. Liga in die Oberliga Westfalen abgestiegen.“

Im Vergleich zum dritten Bundesligaabstieg 1988 sei diesmal vieles schwieriger: „Die finanziellen Nöte sind enorm.“ Anfang des Monats war bekannt geworden, dass den Verein 217 Millionen Euro Schulden drücken.

 Eifelknappen

Eifelknappen

Foto: Eifelknappen

Die treuen Anhänger setzen trotzdem auf eine schnelle Rückkehr. „Wir sollten aber nicht zu viel Druck aufbauen. Dieser Schuss könnte nach hinten losgehen“, sagt Arnoldi. Als Beispiel nennt er den VfB Stuttgart: Die Schwaben waren vor zwei Jahren abgestiegen, erholten sich dann aber schnell wieder. Sportdirektor Sven Mislintat krempelte den VfB-Kader konsequent um. Nach dem Aufstieg im vergangenen Jahr rangieren sie derzeit fernab der Abstiegszone im gesicherten Tabellenmittelfeld.

Größte Hoffnung der Schalke-Anhänger ist aber eine Rückkehr ins Stadion. So soll auch das Fanclub-Leben wieder aufgefrischt werden. Drei, vier Abgänge habe man in der Corona-Zeit verzeichnen müssen, berichtet Strellen aus Sicht der aktuell zehn Mitglieder zählenden Eifelknappen. „Endlich noch mal zu einem Spiel fahren und mit einem Bier in der Hand die Jungs anfeuern – das wär es doch.“

„Wenn irgendwann mal wieder Zuschauer in die Stadien dürfen, wollen auch wir uns wieder mit dem Bus auf den Weg nach Gelsenkirchen machen“, kündigt Arnoldi an. Er betont aber direkt: „Es wird nicht mehr jedes Heimspiel sein können, wie das in der Bundesliga der Fall war.“ Die zum Teil relativ frühen Anstoßzeiten in der 2. Liga würden ihr Übriges dazu tun – für Berufstätige sei das oft nicht zu schaffen.

Die 135 Moselpower-Mitglieder kommen nicht nur aus der Region Trier, sondern auch aus Luxemburg, dem Saarland und dem Kreis Cochem-Zell. Der Abstieg gerade in diesem Jahr tue besonders weh: 25 Jahre gibt es den Fanclub nun. Eigentlich sollte das Jubiläum am 12. Juni am Gründungsort im Trierer Stadtteil Euren groß gefeiert werden. Wegen der ganzen

Einschränkungen bleiben die Pläne

aber nun in der Schublade. „Doch irgendwann“, ist auch Gerd Strellen überzeugt, „kehren wir zur Normalität zurück, werden viele auch im Fußball einen riesengroßen  Nachholbedarf haben und mit großer Leidenschaft dabei sein – ob in der Kreisliga oder ganz oben.

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