Auslese In Boom-Zeiten vorbauen

Wein von der Mosel ist aktuell weltweit gefragt. Er wird – je nach Renommee der Winzer – zu Höchstpreisen verkauft oder versteigert. Und kaum ist das Jahr rum, scharren die Kunden mit den Füßen und warten ungeduldig auf den jüngsten Jahrgang (was, nebenbei, manche Winzerin und manchen Winzer nur mit den Kopf schütteln lässt).

kk schumitz alexander

kk schumitz alexander

Foto: TV/Schramm, Johannes

Das war an der Mosel nicht immer so. Gerade in den 1980er und den 1990er Jahren gab es schwierige Jahrgänge und manchen Skandal, der dem Ruf Mosel als Weinbauregion erschütterte. Viele Weingutsinhaber gaben in dieser Zeit ihren Betrieb auf oder ließen sich für Flächenstilllegungen Prämien zahlen – schließlich wollte niemand in einem Weinsee baden. Die schwierigen Zeiten scheinen vorbei zu sein, junge Menschen machen sich inzwischen wieder gerne als Winzerin oder Winzer selbstständig.

Sorgen hingegen muss man sich machen, wenn man einen Blick ins Bordelais wirft. In Südwestfrankreich sollen – so konnte man es jüngst in der Schweizer Tageszeitung „Tagesspiegel“ lesen – zehn Prozent der Rebflächen stillgelegt werden und rund ein Drittel der dortigen Winzerbetriebe steckt in finanziellen Schwierigkeiten. Betroffen von dieser Krise sind vor allem die Betriebe, die nicht zu den Top-Adressen zählen. Die großen Châteaux haben keine Probleme, denn die Luxusbranche boomt weiterhin.

Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig: Innerhalb von zehn Jahren sank die jährlich verkaufte Menge von 5,6 Millionen Hektoliter auf vier Millionen – was auch mit den Trinkgewohnheiten der Franzosen zusammenhängt (1960 betrug der pro-Kopf-Verbrauch 128 Liter/Jahr, 2018 lag er bei knapp 36 Litern). Inzwischen bleiben viele Winzer auf einem Teil des von ihnen produzierten Weines sitzen. Hinzu kommt, dass in den vergangenen Jahren einige Märkte weggebrochen sind: Ex-US-Präsident Donald Trump verhängte Strafzölle auf einige europäische Weine und nach dem Brexit ist auch der britische Markt weggebrochen. Hinzu kommt, dass mit der Corona-Pandemie auch die Chinesen die Lust am Bordeaux-Wein verloren haben – innerhalb von fünf Jahren hat sich die Zahl der dorthin verkauften Menge halbiert.

Noch scheint man im Anbaugebiet Mosel mit diesen Herausforderungen gut zu Recht zu kommen. Aber trotzdem sollte man sich die Entwicklung im Bordeaux anschauen. Denn es kann nicht schaden, in Boom-Zeiten bestimmte Entwicklungen zu erkennen – damit es erst gar nicht zu einer Krise kommt.

a.schumitz@volksfreund.de

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