Wer liest, lebt länger

Selbst in ausladenden Familiensagas kann man noch etwas über Wein lernen. Beim Schmökern in Ken Folletts Roman „Winter der Welt“ stolperte ich darüber, dass der Sohn des alten Earls (englische Bezeichnung für einen Baron) in guten wie in schlechten Zeiten in seinen hervorragend bestückten Weinkeller hinabstieg, um sich einen Claret gönnen zu können.

Mir wurde schnell klar: Das muss ein ganz besonderer Wein sein. Denn Claret trinken und der holprige Gang der Weltgeschichte liefen stets parallel zueinander ab.

In Deutschland wird dieser Name für Rotwein aus der Region Bordeaux nur noch selten benutzt. Für Engländer aber hat dieser Tropfen eine besondere Bedeutung. Lange Zeit gehörte das Bordeaux der englischen Krone, und die Angelsachsen liebten den Wein aus dieser Gegend. Sie nannten diese hellere, leichtere Variante Clairet, anglisiert Claret, um ihn von den dunklen, schweren, portugiesischen Rotweinen zu unterscheiden.

Noch heute bestellen manche Engländer gerne einen Claret, wenn ihnen die Bezeichnung Bordeaux zu popelig ist oder sie mit ihrem Wissen glänzen wollen. James Bond alias Sean Connery hat mit diesem Gentleman-Spezialwissen übrigens einen Spion entlarvt. In dem Film "Diamantenfieber" (1971) enttarnte er einen Kellner mit der scheinbar simplen Frage, ob zu seinem Essen statt eines Bordeaux nicht besser ein Claret gepasst hätte? Der Kellner patzte und unterschrieb damit sein Todesurteil. So einfach ist es also, Spione durch Wein auffliegen zu lassen.

Da fällt mir ein: Bei meiner Claret-Recherche entdeckte ich den "Bleichert", eine Bezeichnung für einen weißgepressten Wein aus Rotwein, der heute unter dem Namen Blanc de Noir sehr beliebt ist. Ob ich mich mal beim Bundesnachrichtendienst (BND) bewerbe ...?

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