Kommentar: Päpstlicher Kardinalfehler

Trier · Eines muss man dem Papst zugestehen: Es war gewiss ein hehres Ziel, das den Pontifex dazu bewogen hat, die Exkommunikation der vier Traditionalisten-Bischöfe wieder aufzuheben.

Benedikt XVI. hat den ultraorthodoxen Piusbrüdern nicht zum ersten Mal die Hand gereicht, um zu signalisieren: Auch für Abtrünnige gibt es einen Rückweg in die katholische Kirche.

Dass dies aber im Fall der Piusbruderschaft nicht funktionieren konnte, war - unabhängig von der Person des Holocaust-Leugners Richard Williamson - absehbar. Denn die fundamentalistische Gruppierung wähnt sich keineswegs auf dem Holz-, sondern auf dem Königsweg. Den haben nach Ansicht der Piusbrüder allenfalls jene verlassen, die die Errungenschaften des Zweiten Vatikanischen Konzils gutheißen.

Die auf dem Konzil beschlossenen Reformen waren den Fundamentalisten schon immer ein Dorn im Auge.

Das Konzil sei "das größte Unglück des vergangenen Jahrhunderts" gewesen, glaubt ihr deutscher Statthalter Franz Schmidberger noch heute.

Und ausgerechnet jene Extrem-Position sollen die Piusbrüder nach Meinung des Papstes nun aufgeben.

Sie werden das schon allein deshalb nicht tun, weil es ihre einzige Existenzberechtigung ist. Die Ultraorthodoxen sind vereint in ihrer Abneigung gegen alles Moderne, Fremde, Andersartige. Die Piusbruderschaft ist eine zutiefst intolerante Vereinigung, die sich nicht integrieren, sondern dominieren will.

Schon vor diesem Hintergrund war die ausgestreckte Hand des Papstes ein Kardinalfehler, der durch die Reaktionen des Vatikans im Nachhinein noch verschlimmert wurde.

Die Aufforderung an den Piusbruder Richard Williamson, die Leugnung des Holocaust zu widerrufen, ist lächerlich: Der Brite ist ein Antisemit und wird es auch bleiben, selbst wenn er seine letzten Aussagen wegen des öffentlichen Drucks womöglich noch widerrufen wird.

Die Botschaft aus Rom, auf die die Katholiken jetzt warten, muss eine andere sein.

Der Papst sollte seinen Fehler eingestehen und der Piusbruderschaft klar signalisieren, dass solche Leute in der katholischen Kirche nichts verloren haben.

r.seydewitz@volksfreund.de

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