Schlammschlacht um den Staatsanwalt

Die Generalbundesanwaltschaft hat Ende nächster Woche keinen richtigen Chef mehr, weil die bisherige Leiterin Monika Harms in den Ruhestand geht und ihr ausersehener Nachfolger Johannes Schmalzl gestern im Bundesrat durchrasselte. Deutschland steht dann ohne obersten Terroristenjäger da.


Die Sache fällt Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) auf die Füße. Ihr Umgang mit den Ländern, deren Zustimmung sie für die Benennung ihres Parteifreundes Schmalzl gebraucht hätte, war nachgerade arrogant. Sie erwartete ein Ja ohne großes Werben und das, obwohl es gegen Schmalzl schwerwiegende Vorbehalte wegen seiner fehlenden Erfahrung als Staatsanwalt gab. Die Ministerin hat offenbar noch nicht realisiert, dass die schwarz-gelbe Koalition in der Länderkammer keine Mehrheit mehr hat. Willkommen in der Wirklichkeit.
Allerdings fällt der Vorgang auch den Schmalzl-Kritikern auf die Füße, die es übertrieben haben mit der öffentlichen Demontage des Kandidaten. Bei allen Bedenken und Vorbehalten sollte man doch beachten, dass man es hier mit einem honorigen Bewerber zu tun hatte, der vielleicht aus der eigenen Sicht nicht den Anforderungen genügte, aber deshalb doch nicht einfach doof ist. Schmalzl hat trotz seiner nur 46 Jahre schon erhebliche Erfahrung in der Leitung einer großen Behörde - er ist Regierungspräsident in Stuttgart. Was sich einige Generalstaatsanwälte aus den Ländern gegen ihren Kollegen geleistet haben, war nicht gerade die feine englische Art.
Freilich, so wie einige SPD-Leute mit Schmalzl sind vor drei Jahren auch CDU-Politiker mit dem SPD-Mann Horst Dreier umgesprungen, der Verfassungsrichter werden sollte. Auch er wurde öffentlich zermürbt und scheiterte. War das jetzt also die Retourkutsche? Es wäre schlimm, wenn die Ernennungen auf den höchsten Ebenen der Justiz künftig zum Feld parteipolitischer Schlammschlachten werden sollten.
Spätestens der aktuelle Vorgang sollte Anlass für eine Reform sein. Bei den Verfassungsrichtern ist das geltende Verfahren, die Ernennung durch den Richterwahlausschuss des Bundestages oder des Bundesrates mit einer Zweidrittelmehrheit, kaum zu beanstanden. Es gibt keine Alternative, die die Rechte der politischen Minderheit an dieser Stelle besser schützen würde. Allerdings sollte die Findung der jeweiligen Kandidaten nicht den Hinterzimmern der Fraktionen im Bundestag vorbehalten bleiben, sondern öffentlich erfolgen.
Beim Generalbundesanwalt ist eine völlige Umstellung angebracht. Derzeit wird er vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Regierung und mit Zustimmung des Bundesrates ernannt; er ist politischer Beamter, steht unter dem Druck, jederzeit in den Ruhestand versetzt werden zu können. Eine ordentliche Ausschreibung unter Juristen, wie bei den Generalstaatsanwälten der Länder, dann die Auswahl durch ein parteiübergreifendes Gremium - so sollte der Generalbundesanwalt bestimmt werden.

nachrichten.red@volksfreund.de

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