Uneingeschränkte Transparenz ist nötig

Ja, es gibt Missstände in Pflegeheimen. Zum Teil gibt es auch gravierende Mängel.

Aber dass Pfleger, wie angeblich in einem saarländischen Heim, Bewohner foltern und zu Tode quälen, ist die Ausnahme. Es ist falsch, nach dem Skandal im Nachbarland alle Pfleger unter Generalverdacht zu stellen. Genauso wie allen Heimen zu unterstellen, derartiges kriminelles Fehlverhalten sei an der Tagesordnung.
Die überwiegende Mehrheit der Pfleger in deutschen Heimen macht eine gute Arbeit, sie opfern sich auf, und das - im Verhältnis zur Verantwortung, die sie tragen - für einen Hungerlohn. Womöglich liegt genau darin der Grund für die immer wieder in einzelnen Einrichtungen festgestellten Pflegemängel: überfordertes, nicht selten schlecht ausgebildetes und schlecht bezahltes Personal. Längst ist die Pflege alter Menschen in Einrichtungen zu einem Wirtschaftsfaktor geworden. Betreiber der Einrichtungen wollen durch die Bewohner Geld verdienen. Und da gute Pflege teuer ist, die Pflegekassen aber nicht bereit sind, mehr dafür zu bezahlen, drehen die Heimbetreiber, die nicht selten regelrechte Pflegekonzerne sind, an der Kostenschraube. Es wird gespart, wo nur möglich. Die eigentliche Pflege bleibt auf der Strecke - sicherlich nicht in allen Heimen. Aber es gibt solche schwarzen Schafe.
Trotz der gesetzlichen Pflicht, Einrichtungen einmal im Jahr durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen und durch die den Bundesländern unterstellten Heimaufsichten zu überprüfen, können solche Missstände und kriminelles Fehlverhalten nicht verhindert werden. Die Prüfberichte geben oft nur eine Momentaufnahme wider und sind daher nur bedingt aussagekräftig.
Trotzdem ist der Pflege-Tüv richtig und wichtig. Die im Internet veröffentlichen Ergebnisse der Kontrollen im Auftrag der Pflegekassen geben Angehörigen zumindest den einen oder anderen Anhaltspunkt über die Qualität der jeweiligen Einrichtung.
Doch bis zu einer echten Transparenz ist es noch ein weiter Weg. Die Pflegelobby hat erfolgreich verhindert, dass die kompletten Prüfberichte im Internet veröffentlicht werden - und damit die Öffentlichkeit umfassend und bis ins kleinste Detail über ein Heim informiert wird.
Das wiederum macht misstrauisch. Haben die Einrichtungen etwas zu verbergen? Sollen Missstände vertuscht werden?
Hier besteht Handlungsbedarf. Die Betreiber von Pflegeeinrichtungen müssen zur uneingeschränkten Transparenz verpflichtet werden, auch wenn es im Einzelfall den einen oder anderen neuen Heimbewohner kosten könnte. Im Gegenzug würden sie an Glaubwürdigkeit gewinnen.

b.wientjes@volksfreund.de

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