Gesellschaft Gerade denken, nicht quer

Zur Berichterstattung über die Corona-Pandemie und zum Leserbrief von Heinrich Krisam unter der Überschrift „Wie ,quer’ dürfen wir denken?“ (TV vom 5./6. Dezember) schreiben Dr. Harald Reusch, Manfred Rudolf und Peter Trauden:

Was ist los beim Umgang mit der Pandemie in Deutschland, dem Land der Dichter und Denker? Gut, mit dem Dichten das klappt ja hinsichtlich der Diskussionen um die Pandemie bei einigen Zeitgenossen zunehmend mehr, aber bei den Resultaten mancher hirnlosen Dichtungen kann es einen schon gruseln. Solange dabei keiner zu Schaden kommt, könnte man das ja mit Kopfschütteln dabei belassen. Was das Denken angeht, wirken allerdings manche Ergebnisse bei viel zu vielen mittlerweile geradezu beängstigend. Sie nennen sich „Querdenker“, aber bei ihren Parolen (entsprechend oben genannten Dichtungen) und ihrem Verhalten kann man ziemlich schnell zu der Erkenntnis kommen, dass sie die wichtige Phase des Normal-Denkens einfach übersprungen haben. Selbst das könnte man, so denn beste Aufklärungsversuche nicht helfen, in Mitleidsgefühl für diese Personen vergessen. Wäre da nicht, abgesehen vom Hass, der gesät wird, die tatsächliche körperliche Gefahr für andere Menschen durch rücksichtslos dümmliches Verhalten dieser „Querdenker“ zum Beispiel im Rahmen von Demonstrationen. Und wie „quer“ man die Menschen „überzeugen“ möchte, zeigt ja der Leserbrief von Heinrich Krisam, der sich als Sympathisant (?) oder selbst „Querdenker“ (?) verbittet, als Nazi beschimpft zu werden.

Zunächst einmal so viel, Herr Krisam: Andersdenkende haben in unserem Land das Recht (und das ist sehr gut so!), ihre Gedanken offen auch auf der Straße zu äußern. Da hat es jedem egal zu sein, welche Gedanken geäußert werden, solange niemand beleidigt wird. Zu solchen Äußerungen, etwa im Rahmen von Demonstrationen, bietet der Staat sogar Polizeischutz (und auch das ist gut so!). Allerdings gibt es Regeln, an die man sich halten muss, besonders wenn damit Schutz für andere Menschen gewährleistet werden soll. Und diese Regeln müssen, wo nicht anders möglich, auch mit angemessener Gewalt überwacht werden. Ihr Vergleich von Polizeieinsätzen in Belarus im Zusammenhang mit möglichen Wasserwerfer-Einsätzen bei Demonstrationen von „Querdenkern“ ist schlichtweg unsinnig und irreführend (gewollt?). Die meisten Bürger wissen, dass notwendige Einsätze der Polizei bei Demonstrationen nicht dem Gedankengut der Demonstranten, sondern der Missachtung der Regeln gelten, und zwar zum Schutz aller anderen Menschen.

Nein, „Querdenker“ muss man nicht als Nazis beschimpfen. Wo sie aber den Schulterschluss auch mit Rechtsradikalen dulden, sich nicht klar von diesen distanzieren, ähnlich klingende Parolen plärren und sogar zum zynischen Vergleich des eigenen Auftritts mit den Aktivitäten von Sophie Scholl schweigen, da darf man sie sehr wohl in der Nähe von braun wähnen. Abgesehen davon ist deren Verhalten bei Demonstrationen bisher ganz klar asozial! Das darf sich unser Staat verbitten und muss es auch unbedingt unterbinden.

Es wäre für uns alle gut, dass wir endlich in dieser Pandemie ohne wenn und aber gerade denken. Zum Schutz für alle gelten für begrenzte Zeit gesetzliche Regeln, an die sich alle zu halten haben. Manche davon sind große Einschnitte in unseren Alltag. Aber ist es denn so eine Qual, einen Mundschutz zu tragen, Abstand zu halten und für einige Zeit auf direkte Zusammenkünfte mehrerer Menschen, egal zu welchem Anlass, zu verzichten?

Vielleicht hilft ja ein Blick in die Geschichtsbücher, oder fragen wir doch einfach mal die Kriegs- und Nachkriegsgeneration, was wirklich schmerzhafter Verzicht war. Also lasst uns noch eine Zeit die „Füße zusammenhalten“, es lohnt sich! Wir werden das meistern können, wenn wir solidarisch bleiben in einem Deutschland der Denker – und nicht der Dummen.

Dr. Harald Reusch, Trier

Corona ist eine Epidemie, die nicht auf eine Region begrenzt ist, sondern weltweit die Menschheit geißelt. Nun gibt es Zeitgenossen, die irgendwelchen noch so wirren Verschwörungstheorien anhängen, sich „Querdenker“ nennen, sich in ihren demokratischen Rechten eingeschränkt fühlen, gegen alles und jeden sind und gemeinsam mit Neonazis auf die Straße gehen. Heinrich Krisam schreibt, dass er an „Querdenker“-Demos teilgenommen hat und es sich verbittet, deswegen als Nazi beschimpft zu werden. Seine Aufregung kann ich nun gar nicht verstehen. Wer für sich das Recht in Anspruch nimmt, Politiker, Wissenschaftler, Ärzte zu verunglimpfen, sollte sich nicht darüber beschweren, wenn andere sich auch die freie Meinung leisten, „Querdenker“ als Nazis zu bezeichnen. Besser als Robert Seidenath in seinem Leserbrief (TV vom 28./29. November) kann man es nicht ausdrücken: „Wer sich mit Nazis einlässt, macht sich selbst braun“. Dem ist nichts hinzuzufügen!

Manfred Rudolf, Föhren

Es ist das gute Recht von Heinrich Krisam, anderer Meinung zu sein als diejenigen, die die Pandemie ernst nehmen und sich an die Vorgaben von Bund und Land halten. Etwas anderes ist es, einem, der sich über die unglaublichen Ereignisse bei der Leipziger Innenstadt-Demo der sogenannten „Querdenker“ aufregt, zu empfehlen, doch nach Belarus zu gehen. Herr Krisam beruft sich auf das Urteil des Oberlandesgerichts Bautzen, welches gegen den ausdrücklichen Wunsch der Stadt Leipzig eine Demonstration in der Innenstadt genehmigte. Nun sind Gerichtsurteile selbstverständlich zu akzeptieren, verstehen muss man sie deshalb noch lange nicht.

Und wer sind eigentlich diese „Querdenker?“ Meines Wissens gibt es keinerlei Vereins- oder Verbandsstrukturen, nach denen sich diese Leute organisieren, also auch keinen Vorsitzenden mit Vorstand und entsprechenden Ansprechpartnern. Somit kann man sie auch nur schwer zur Verantwortung ziehen, es gibt immer nur einen „Veranstalter“. Der kann sich einen schlanken Fuß machen, indem er, sobald es brenzlig wird, die Versammlung für beendet erklärt.

Mit dem folgenden möglichen Krawall – wie in Leipzig geschehen – dürfen sich dann die Polizei und anschließend die Justiz buchstäblich herumschlagen. Und genau diese prangert Herr Krisam in seinem Leserbrief an und verweist auf Belarus, wo die Menschen allen Grund haben, sich über Polizei und Justiz zu beschweren.

Kein Wort bezüglich der ganzen Spinner, Schläger und Verschwörungswahnsinnigen bei der Leipziger Demo.

Ich kenne in meinem Bekanntenkreis etliche Menschen, die wirklich Angst davor haben, sich mit dem Virus anzustecken, weil sie durch vorhandene Erkrankungen schon geschwächt sind. Die sehen sich die Bilder solcher „Demos“ fassungslos an und fragen sich, wie egoistisch diese Leute denn sein dürfen, dass sie ohne Maske, ohne genügend Abstand und staatsfeindliche Parolen grölend ihr ganzes Umfeld unsicher machen?

Ich mache jede Wette, dass nur die wenigsten dieser Gestalten in irgendeinem Verein aktiv sind, geschweige denn in einem Vorstand Verantwortung tragen. Weil es Egoisten sind, die in ihrem Leben nichts anderes gelten lassen als ihre eigene Meinung, ihre Rechte und ihre Anliegen.

Was andere bewegt, ist ihnen völlig schnuppe.

Lieber Herr Krisam, für diese Sorte Menschen kenne ich jemanden, den sie sich zum Anführer wählen sollten. In Amerika wird am 20. Januar ein in dieser Hinsicht sehr talentierter Herr freigestellt ...

Peter Trauden, Heilbach

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