Leserbrief Was nun, Benedikt?

Missbrauchsskandal

Zu: „Benedikts Waterloo“, „Der Platz von Reinhard Marx bleibt leer ( (beide TV vom 21. Januar) und „Kardinal Marx wackelt, aber weicht nicht“ (TV vom 28. Januar):

Nun hat der Skandal also auch die obersten Führungsetagen erreicht. Nachdem Kardinal Marx im vergangenen Jahr (in weiser Voraussicht?) und als Einziger seinen Rücktritt angeboten hatte (was ihm auf jeden Fall hoch anzurechnen ist), ist jetzt zu fragen, welches Zeichen der Einsicht und Reue der ehemalige Papst setzen könnte.

Zurückgetreten ist er ja schon, aber steht ihm damit noch die weiße Kleidung eines Papstes zu?  Ist Papst Benedikt  nach seinem Rücktritt nicht einfach wieder Kardinal Ratzinger? Das Papsttum ist ja nicht mit einer unauslöschlichen Weihe verbunden wie Priester- oder Bischofsweihe, sondern ein Papst wird nur in dieses Amt gewählt. Davon ist Benedikt  vor neun Jahren auf eigenen Wunsch zurückgetreten (übrigens mit dem Versprechen, sich ganz zurückzuziehen, was er wohl aber nie so sonderlich ernst nahm).

Wäre es nicht ein sichtbares und glaubhaftes Zeichen der Beschämung und Reue für sein „desaströses Verhalten“, wie es Bischof Bätzing treffend bezeichnet, wenn er ab sofort nur noch in Schwarz auftreten würde?

Vielleicht würde  diese nicht zu übersehende Geste nicht ohne Wirkung bleiben, verlorenes Vertrauen zurückbringen und so die stark anwachsende Flut von Kirchenaustritten ein wenig bremsen.

Ein Zweites ist die  Anrede „Eure Heiligkeit“, die er ebenfalls weiter beansprucht. Ein Ex-Papst, der laut Gutachten in dieser so schwerwiegenden Sache offensichtlich die Unwahrheit gesagt hat, müsste spüren, dass diese Anrede fast schon wie Hohn klingt.

Ich halte sie überhaupt für einen Zopf, der abgeschnitten gehört. Beim Blick in die Kirchengeschichte und hinter die Kulissen des Vatikans erscheint dieser Schritt wohl  als überfällig.

Ich bin gespannt, was das Duo Ratzinger/Gänswein (oder besser Gänswein/Ratzinger?) sich jetzt einfallen lässt. Wegducken und dementieren geht ja nicht mehr. Auch haben schon einige deutsche Bischöfe eine umgehende und glaubwürdige Stellungnahme Ratzingers angemahnt.Wenn sie erfolgt, sollte er sich an dem Wahlspruch in seinem Münchner Bischofswappen orientieren, mit dem er sich (wegen des Plurals wohl zusammen mit seinen Amtsbrüdern) zu den „Cooperatores veritatis“, also den „Mitarbeitern der Wahrheit“ (!) zählt.

Dass Kardinal Marx aufgrund der neuen ihn betreffenden konkreten Vorwürfe keinen weiteren Rücktrittsversuch unternommen hat, ist für viele der Betroffenen zutiefst enttäuschend.

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