Ein Abenteurer auf Reisen Mit dem Rad von Bitburg um die Welt - Die Sehnsucht nach Hause zu kommen

Bitburg · Er lebt seinen Traum. Strampelt mit dem Rad um die Welt. Dieses mal von Kuba über Alaska durch Kalifornien. Nun ist Heiner Zimmer wieder in seiner Heimat, der Eifel. Manchmal ändern sich Träume. Stationen einer langen Reise.

 Unterwegs mit leichtem Gepäck: Heiner Zimmer ist von Alaska über Kanada bis nach Kalifornien geradelt. Die Landschaftsbilder sind auf dem Weg nach Edmonton entstanden.

Unterwegs mit leichtem Gepäck: Heiner Zimmer ist von Alaska über Kanada bis nach Kalifornien geradelt. Die Landschaftsbilder sind auf dem Weg nach Edmonton entstanden.

Foto: Heiner Zimmer

Er ist ein Abenteurer. Einer, der es ernst meint. Sein Haus in Bitburg hat Heiner Zimmer vor vier Jahren verkauft. Seither erfüllt er sich seinen Lebenstraum: frei sein, offen für Neues. Unbekannte Menschen, Kulturen, Länder und Landschaften. Ein Leben ohne Termin- und Zeitdruck, ohne Verpflichtungen. Außer jener, dem eigenen Weg zu folgen.

Der Weg des Bitburgers, der schon immer ein leidenschaftlicher Radfahrer war, führte ihn seit Mai 2015 quer durch die Länder dieser Erde. Der 65-Jährige reist mit leichtem Gepäck: Funktionskleidung, Zelt, Schlafsack, Koch- und Waschgeschirr, ein paar Medikamente, Ersatzteile und Flickzeug fürs Rad. Das war’s. Der Rest ist Improvisation und Vertrauen darauf, dass vieles möglich ist, wenn Menschen einander helfen.

Heiner Zimmer aus Bitburg radelt von Alaska nach Kalifornien
30 Bilder

Heiner Zimmer aus Bitburg radelt von Alaska nach Kalifornien

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Foto: Heiner Zimmer

Rund 7000 Kilometer ist er in den vergangenen sieben, fast acht Monaten geradelt – von Kuba über Kanada, quer durch Alaska nach Kalifornien bis kurz vor die mexikanische Grenze. Sein ursprünglicher Plan war, bis nach Patagonien, dem südlichsten Zipfel Südamerikas zu kommen. Doch leben ist das, was passiert während man Pläne schmiedet.

Dem Weltenbummler, der seine Zelte inzwischen wieder in Bitburg aufgeschlagen hat, kam eine Sehnenscheidenentzündung dazwischen. Linker Arm. Drei Monate ist er trotzdem weitergefahren. 80 bis 100 Kilometer am Tag. Doch dann merkte er, es geht nicht mehr. „Die Schmerzen wurden einfach zu stark“, sagt Zimmer. Das war im südlichen Kalifornien. Er musste sich neu orientieren.

„Meine Partnerin, eine Ärztin, die mich in solchen Situationen berät, warnte, dass diese Entzündung chronisch werden könnte“, erzählt Zimmer. „Da habe ich mich gefragt, was machst Du jetzt. Dann halt nach Hause, dachte ich. Und dann habe ich gemerkt, ich habe kein eigenes Zuhause mehr.“

Für ihn war das ein neues Gefühl, ein Heim und seine Heimat zu vermissen. „Nach fünf Jahren auf der Straße und im Zelt, überlege ich, ob ich mein Leben in Zukunft noch mal anders gestalte“, sagt der Weltenbummler. Seine letzte große Tour führte ihn durch Georgien und Armenien, den Iran und die Arabischen Emirate bis nach Indien, Thailand, Kambodscha und Vietnam und weiter nach Indonesien, Neuseeland und Australien (der TV berichtete). 23 Länder, 32 000 Rad-Kilometer und einige Flüge über die Ozeane. Überwintert hat er in der Eifel, bevor er im April erneut aufbrach – dieses Mal gen Westen. Und ja, er hat wieder eine Menge gesehen und erlebt.

Die kubanische Metropole Havanna, den Sozialismus und das Schlangestehen für Lebensmittel, von denen man in der Zeit des Wartens gar nicht weiß, ob es sie, ist man dann an der Reihe, überhaupt noch gibt. Aber auch die Freude über erntefrisches und günstiges Obst und die Gespräche mit Einheimischen, deren Lebensart der Radler inspirierend findet: „Die Kubaner leben im Jetzt, machen aus den Gegebenheiten das Beste und versuchen, möglichst keine, schon gar keine hohen Erwartungen zu haben.“

Die Landschaft Kubas habe ihn beeindruckt, ihn aber auch Demut gelehrt. „Wenn um die Mittagszeit diese heftigen Winde aufkommen, sind ebene Strecken bei Gegenwind so schwer zu bezwingen wie die Berge. Es kostet viel Kraft und ist frustrierend, weil du einfach keine Strecke machst.“

Er war fasziniert von Vancouver („eine entspannte Stadt mit einem super Netz an Radwegen und die Kanadier sind locker und offen“). Weiter ging es mit der Fähre durch die Fjorde Alaskas, bevor er, ganz  auf sich gestellt, durch die Wildnis zog.

„Diese Stille, die Landschaft, die Einsamkeit. Das ist schon sehr besonders“, sagt Zimmer über Alaska. Ein kaum besiedeltes Land. Unendliche Weiten. Die Orte seien klein, die Wege lang. „Fünf Stunden zum nächsten Supermarkt sind dort normal.“ Da wird ein Einkauf zum Tagesausflug. Schon allein deshalb ist Selbstverpflegung für die Menschen dort wichtig. In einem Indianer-Reservat hilft er, ein Camp winterfest zu machen und darf die spirituellen Riten der Indianer miterleben.

Immer wieder trifft er unterwegs Menschen, bei denen er übernachten kann, die ihn zu einem Essen einladen oder einen Teil seines Weges begleiten. Es sind diese Begegnungen, die für ihn die Reise wertvoll machen. Die verschiedenen Landschaften. Die Natur. Er sieht Elche, Schwarzbären und Grizzlys.

„Da habe ich auch mal Herzrasen bekommen“, sagt Zimmer. Ein Grizzly habe ihn überrascht, als er gerade sein Zelt aufschlug. Was tun? „Ich hatte noch nicht mal meine Lebensmittel in der Bärenbox verstaut. Da wurde mir schon anders.“ Ruhe bewahren, keine Hektik verbreiten, hätten ihm Einheimische für solche Situationen geraten. Aber das muss man angesichts eines zwei Meter großen Tieres auch erst mal hinbekommen. Der Grizzly, stellte sich schließlich heraus, interessierte sich nicht für den Camper. Er wollte zu einem nahegelegenen See.

Durch Alaska reiste Zimmer im Sommer. Angenehme Temperaturen von 20 bis 25 Grad. Mit dabei hatte er Tag für Tag zehn Liter Wasser. Zum Trinken, kochen, waschen. „Da kannst du dich nicht darauf verlassen, dass alle paar Kilometer eine Tankstelle oder ein Supermarkt auftaucht.“ Zusätzliches Gepäck also.

Ab August fing es an, kühl zu werden. Bei einem Grillabend mitten in der Wildnis, zu dem er von anderen Campern eingeladen wurde, gibt’s Bitburger Pils aus der Dose. Ein Stück Heimat am anderen Ende der Welt.

Dann geht es auf dem Alaska Highway durch das Farmland („hier sehen alle wie Cowboys aus“) und schließlich mit dem Flugzeug von Edmonton nach Kalifornien. Parallel war Filbo Frensch aus Prüm mit dem Rad von Australien bis Chile unterwegs (der TV berichtete). Die beiden Globetrotter und Radsportler wollen sich schon seit Jahren immer mal treffen. Auch dieses Mal liegen ihre Routen zu weit auseinander. „Aber ich möchte mich unbedingt mit Filbo austauschen, dann halt in Bitburg oder Prüm“, sagt Zimmer.

Für ihn ist seine Tour früher zu Ende, als er es vor hatte. Die Schmerzen plagen ihn mehr und mehr. Schließlich entscheidet er sich, abzubrechen. Zurück nach Bitburg. Hier sind seine Freunde. Und die habe er sehr vermisst. „Unsere Gespräche fehlen mir.“ Diese Vertrautheit sei halt was anderes, als die bereichernden Begegnungen, die er auf seinen Reisen macht. Auch ein Ort, der seine feste Basis ist, vermisst der Weltenbummler inzwischen. Ob er seine Reise bis nach Patagonien fortsetzen wird?

 Weltenbummler Heiner Zimmer aus Bitburg

Weltenbummler Heiner Zimmer aus Bitburg

Foto: Heiner Zimmer
 Weltenbummler Heiner Zimmer aus Bitburg

Weltenbummler Heiner Zimmer aus Bitburg

Foto: Heiner Zimmer
 Unterschiedliche Orte, unterschiedliche Menschen: Havanna, San Francisco, Dawson Creek, Kanada.

Unterschiedliche Orte, unterschiedliche Menschen: Havanna, San Francisco, Dawson Creek, Kanada.

Foto: Heiner Zimmer
 Weltenbummler Heiner Zimmer aus Bitburg

Weltenbummler Heiner Zimmer aus Bitburg

Foto: Heiner Zimmer
 Weltenbummler Heiner Zimmer aus Bitburg

Weltenbummler Heiner Zimmer aus Bitburg

Foto: Heiner Zimmer

„Ehrlich, ich weiß es nicht“, sagt Zimmer. „Ich werde sicher immer wieder losziehen und mir neue Länder ansehen, ein neues Stück von der Welt entdecken. Aber irgendwie zieht es mich auch ein bisschen zurück.“ Zurück an einen Ort, den man Zuhause nennt. Etwas, das für den Abenteurer nicht mehr selbstverständlich ist. Heute will er lieber ankommen als aufbrechen.

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