Geschichte Was von der Gerberei übrig blieb

Ingendorf · Ein Relikt aus alter Zeit erinnert an die alte Handwerkskunst in Ingendorf zum Anfang des vergangenen Jahrhunderts.

  Was von der Gerberei übrig blieb: Die  „Luhscheier“ in Ingendorf, in der früher Eichenlohe getrocknet wurde, besteht nur noch aus den Mauern.

Was von der Gerberei übrig blieb: Die „Luhscheier“ in Ingendorf, in der früher Eichenlohe getrocknet wurde, besteht nur noch aus den Mauern.

Foto: TV/Maria Adrian

Vor blauem Himmel mit ein paar weißen Wolken, und umgeben von grünem Gras kommt der gelbe Ingendorfer Sandstein des alten Scheunengebäudes am Ortsrand von Ingendorf so richtig gut zur Geltung, so dass der Ortsunkundige dieses zufällig entdeckte Relikt einfach fotografieren muss, es hat so was von südländischem Flair.

Wozu dieses Gebäude wohl mal gedient hat? Zwei Ingendorferinnen geben einen ersten Hinweis auf eine ehemalige Gerberei. Wie von Ortsbürgermeister Dirk Wagner zu erfahren ist, wurde in der besagten Scheune die Eichenholzrinde gelagert, die für die Lauge, mit der gegerbt wurde, gebraucht wurde. Deshalb sei es eine ganz normale „Luhscheier“. Loh oder Luh steht für Gerberlohe, was so viel wie „abgelöste Rinde“ bedeutet.

Kreisdenkmalpfleger Detlef Kleintitschen geht auch davon aus, dass das Gebäude zum Lagern der Gerberlohe genutzt wurde. „Es wäre tatsächlich denkbar, dass darunter dann jeweils die Gerbergruben waren. Das würde sich heute nachweisen lassen“, sagt Kleintitschen. Der Kreisdenkmalpfleger hat in einem Einleitungstext der Denkmaltopographie einen Hinweis auf die Gerberei gefunden. Darin heißt es: „Außer der Kirche (Filialkirche St. Andreas, die 1945 zerstört wurde) sind eine südlich des Orts am jetzt kanalisierten Ingbach gelegene Gerberei sowie der dortige Waschplatz verschwunden“.

Der Denkmal-Experte findet die Bogenform ungewöhnlich, die auf eine Erbauung nach 1900 hindeute. „Zu der Zeit ging es den regionalen Gerbereien schon so schlecht durch den Preiskampf mit in- und ausländischen Lieferanten, dass vermutlich keine größeren Investitionen mehr getätigt wurden.“ Ungewöhnlich seien auch die beiden Heulöcher, die Beladungsöffnungen der Heuböden.

Wer noch etwas über das alte Gemäuer ohne Dach wissen könnte, ist sein heutiger Besitzer, Alberto Streicher. Er hatte die Scheune mit dem kleinen Grundstück gekauft, da sie an sein Elternhaus angrenzte. Und er kann auch noch mit einem Foto aufwarten, dass 1943 entstanden ist und das seine Mutter und seine Schwester zeigt mit der intakten Scheune im Hintergrund. Gekauft hatte er sie von einer Nachfahrin der Inhaber des Handwerksbetriebs, Agnes Gerling. „Die Gerberei war gegenüber der Scheune und gehörte meinen Großeltern, Clemens und Anna Margaretha Schausten, geborene Hauer“, sagte Agnes Gerling.

Ihr Großvater sei 1919 verstorben und dann habe ihre Großmutter die Geschäfte weiter geführt – aber nicht sehr lang und auch nicht sehr erfolgreich. Und in der Scheune wurde die Lohe getrocknet, wie sie bestätigt.

Von der Gerberei selbst sei heute nur noch ein Giebel und ein kleiner Anbau übrig. Ihr Vater, jüngster Sohn der Inhaber, habe das Gebäude der Gerberei schließlich zu einem Wohnhaus umgebaut. Der Bach verlief damals noch hinter der Gerberei. Der wurde später umgeleitet. In der angrenzenden Wiese seien die Löcher also die Lohgruben gewesen, wie Agnes Gerling aus Erzählungen weiß.

 Das Foto von Margarethe (rechts) und Rosemarie Streicher mit der intakten Scheune im Hintergrund stammt aus dem Jahr 1943.

Das Foto von Margarethe (rechts) und Rosemarie Streicher mit der intakten Scheune im Hintergrund stammt aus dem Jahr 1943.

Foto: TV/wird noch geklärt

Und noch ein interessantes Detail ist ihr auch einst zu Ohren gekommen, wie die 71-Jährige berichtet. „Es heißt, dass manch einer nach dem Krieg seine Munition in den Löcher entsorgt hat. Ob das stimmt, weiß ich allerdings nicht.“

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