Kriminalität Böse Hetze im Netz – widerwärtig und strafbar

Trier · Die Fahnder gehen verstärkt gegen übers Internet verbreitete Hasskommentare vor. Gegen zwei Beschuldigte aus der Region Trier wird ermittelt, weil sie strafbare Inhalte nicht gelöscht haben sollen.

 Aktivisten der Nichtregierungsorganisation Campact protestieren  mit Plakaten gegen übers Internet verbreitete Hassnachrichten.

Aktivisten der Nichtregierungsorganisation Campact protestieren  mit Plakaten gegen übers Internet verbreitete Hassnachrichten.

Foto: dpa/Frank Rumpenhorst

Die Ermittler hatten es nicht eilig. Zwar lagen die Durchsuchungsbeschlüsse des Koblenzer Amtsgerichts schon eine Zeitlang vor. Doch bis die Durchsuchungen wirklich umgesetzt wurden, warteten die Fahnder auf einen besonderen Tag. Der war am gestrigen Donnerstag gekommen.

Ab den frühen Morgenstunden wurden in insgesamt 13 Bundesländern mehrere Dutzend Wohnungen durchsucht. Das Bundeskriminalamt hatte diesen Tag als bundesweiten Aktionstag zur Bekämpfung von Hasskommentaren im Internet ausgewählt. Seit mittlerweile drei Jahren wird ein solcher Tag vom Kriminalamt einmal jährlich ausgerufen, um besonders auf die Problematik der Hasspostings aufmerksam zu machen.

In diesem Jahr hätte der Aktionstag gar nicht angesetzt werden müssen, denn es gibt ein aktuelles, trauriges Beispiel: den Fall des in der Nacht zum Sonntag mit einem Kopfschuss getöteten  Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (siehe Bericht unten). Der Tod des CDU-Politikers war im Netz mit Hetzpostings kommentiert worden. „Widerwärtig“, findet nicht nur Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

„Und auch strafbar“, meint der Koblenzer Generalstaatsanwalt Jürgen Brauer. Seine Behörde hat gemeinsam mit dem Trierer Polizeipräsidium in einer Rheinland-Pfalz-weit einmaligen Aktion am Donnerstag ein Dutzend Wohnungen durchsuchen und reichlich potenzielles Beweismaterial beschlagnahmen lassen.

Über ein Jahre lang hatten die Fahnder zuvor gegen Verantwortliche und Mitglieder der beiden Facebook-Gruppen „Unser Deutschland patriotisch und frei“ und „Die Patrioten“ ermittelt, nachdem zuvor im SWR über die auf diese Weise verbreiteten Hasskommentare berichtet worden war.

Da wurde in einer Gruppe etwa das Foto eines dunkelhäutigen Mannes und einer schwangeren hellhäutigen Frau mit den Worten „Die Brut des Bösen“ kommentiert, unter einem Beitrag zum Familiennachzug bei Flüchtlingen fand sich der Kommentar „Meiner Meinung nach alle vergasen“.  Ein Foto von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn wurde mit dem Bild eines Galgens und den Worten „Weg mit dem Dreck“ unterlegt, ein Foto der Bundeskanzlerin mit den Worten „Aufhängen und Vierteilen“.

Gegen die Verfasser der Hasskommentare wird wegen Volksverhetzung, öffentlicher Aufforderung zu Straftaten und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt. Den Administratoren wird vorgeworfen, ihrer Pflicht zur Prüfung und Löschung der Beiträge mit strafbarem Inhalt nicht oder nicht rechtzeitig nachgekommen zu sein.

Vor diesem Hintergrund wird auch gegen den ehemaligen AfD-Vizevorsitzenden des Kreisverbands Bernkastel-Wittlich ermittelt. Der 56-Jährige ist eine schillernde Persönlichkeit –  vor allem wegen seines politischen Engagements. Zuletzt machte er im März von sich reden, als er Vize-Bundesvorsitzender der ziemlich in der Versenkung verschwundenen rechtskonservativen Republikaner wurde. Den Posten schmiss der Bernkastel-Wittlicher schon nach wenigen Tagen hin – und er trat auch aus der Partei aus. Nicht zum ersten Mal, dass der gebürtige Brandenburger einer politischen Gruppierung den Rücken kehrt – mal freiwillig, mal weniger freiwillig. Die Landes-AfD schloss den einst engen Weggefährten des fraktionslosen Trier-Saarburger Landtagsabgeordneten Jens Ahnemüller im vergangenen Herbst aus, weil er zurückliegende Mitgliedschaften in einer extremistischen Organisation verschwiegen habe, wie es hieß. Er selbst sagte, dass ihm vorgeworfen worden sei, der Partei Mitgliedschaften etwa in der Sammlungsbewegung Vereinigte Rechte oder eine angebliche Zugehörigkeit zur kommunistischen DKP verheimlicht zu haben. Nach Medienberichten soll der einst aus DDR-Haft von der Bundesrepublik freigekaufte Mann aber auch schon für die CDU und die PDS politisch aktiv gewesen sein.

 Über die Facebookseite der Gruppe „Unser Deutschland patriotisch & frei“ sollen die Hasskommentare verbreitet worden sein.

Über die Facebookseite der Gruppe „Unser Deutschland patriotisch & frei“ sollen die Hasskommentare verbreitet worden sein.

Foto: TV

Für unsere Zeitung war der 56-Jährige am Donnerstag telefonisch nicht erreichbar. Das dürfte daran gelegen haben, dass die Fahnder bei der Durchsuchung auch das Handy des Beschuldigten mitgenommen hatten.

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