Energiewende Gefahr wegen Windrädern an der A 1?

Bescheid/Trier · Die Firma Juwi möchte im Hochwald entlang der Autobahn 1 vier weitere Anlagen bauen – 241 Meter hoch. Kritiker warnen, dass herabfallendes Eis oder defekte Rotorblätter Autos treffen könnten. Der künftige Betreiber erklärt, wie er das verhindern will.

 Windräder stehen bereits an zwei Stellen entlang der Autobahn 1 im Hochwald – bei Hinzert-Pölert (hier im Bild) und bei Bescheid. Im Windpark Bescheid sollen vier deutlich höhere Anlagen hinzukommen. Eine Gruppe kritischer Bürger sieht darin ein Sicherheitsrisiko für die Verkehrsteilnehmer.

Windräder stehen bereits an zwei Stellen entlang der Autobahn 1 im Hochwald – bei Hinzert-Pölert (hier im Bild) und bei Bescheid. Im Windpark Bescheid sollen vier deutlich höhere Anlagen hinzukommen. Eine Gruppe kritischer Bürger sieht darin ein Sicherheitsrisiko für die Verkehrsteilnehmer.

Foto: Trierischer Volksfreund/Christa Weber

In der Nähe der Autobahn 1 drehen sich auf dem Gebiet von Mehring, Bescheid und Naurath/Wald 16 Windräder – die meisten davon seit 2004. Nun möchte das Unternehmen Juwi Energieprojekte GmbH den Windpark Bescheid um vier Anlagen erweitern. Genehmigen muss dies die Kreisverwaltung Trier-Saarburg, das Verfahren dazu läuft (TV vom 11. November). Unterlagen zum Projekt waren bis vor kurzem im Internet für jedermann einsehbar, um dazu Einwände äußern zu können. Davon hat die Interessengemeinschaft (IG) Rettet den Hochwald, ein Bündnis kritischer Bürger, Gebrauch gemacht. Sie hält die neuen Räder für eine potenzielle Gefahr. Der TV ist den Vorwürfen nachgegangen.

Argumente der IG Laut den Windkraft-Kritikern sollen die 241-Meter-Anlagen noch 30 Meter höher werden als diejenigen, die an der B 407 bei Rascheid gebaut wurden. Drei der „Riesenräder“ seien „in nur 190 Metern Entfernung zur A 1 geplant“, was „in unverantwortlicher Weise die Verkehrssicherheit“ gefährde, beklagen die IG-Vertreter Christa Breidert, Martin Weiss und Karl Diller. Sollte einer der Türme kippen, würden Teile davon auf den Fahrbahnen landen. Beim Bruch eines Rotorblatts könnten „tonnenschwere Teile“ auf die Straße fliegen. „Massenkarambolagen mit tödlichen Folgen sind dann wahrscheinlich“, so die IG.

Auf einer Strecke von einem Kilometer entlang der Autobahn würden täglich Insassen von etwa 22 000 Fahrzeugen gefährdet – im Winter auch durch Eisplatten, die sich von den Rotoren lösen könnten. Die IG verweist dazu auf einen Vorfall am 4. März 2019 in Gimbweiler (Kreis Birkenfeld). Dort war nach einem Sturm an einem Windrad der Rotor gebrochen. Trümmerteile waren auf der A 62 gelandet, verletzt wurde aber niemand. In Bescheid, fordert die IG, sollten die drei betreffenden Anlagen etwas weiter westlich gebaut werden. So würden sie zur Autobahn zumindest den Abstand ihrer „Kipphöhe“ einhalten.

Gesetzliche Vorgaben Die Kreisverwaltung verweist auf TV-Nachfrage auf das Bundesfernstraßengesetz (§ 9), das den Mindestabstand von Windrädern zu Autobahnen regele. Es lege eine „Baubeschränkungszone“ von mindestens 100 Metern Abstand zwischen Windrad und dem äußeren Rand der befestigten Fahrbahn fest. „Dieser Abstand wird bei den beantragten Anlagen eingehalten“, teilt die Behörde mit. Darüber hinaus habe der Betreiber ein Gutachten vorgelegt, das „Maßnahmen zur Risikominderung“ vorsehe.

Reaktion des Betreibers Auch der Projektierer der Windräder, die Firma Juwi mit Sitz in Wörrstadt (Kreis Alzey-Worms), verweist darauf, dass sie die gesetzlichen Vorgaben einhalte. Die Kipphöhe als Mindestabstand sei nur eine Empfehlung, die der Landesbetrieb Mobilität in der Regel abgebe. Sie werde bei drei künftigen Bescheider Anlagen geringfügig unterschritten. Daher habe Juwi die Risiko-Beurteilung erstellen lassen.

Der Gutachter empfehle darin den Einbau spezieller Messinstrumente zur Überwachung von Turm und Rotorblättern und häufigere Überprüfungen aller sicherheitsrelevanten Systeme, als dies gesetzlich vorgeschrieben sei. Ein weiteres System werde dafür sorgen, dass sich die Räder beim Ansatz von Eis an den Flügeln sofort und vollautomatisch abschalten. Insgesamt, so ein Juwi-Sprecher, seien dies „hinreichende Maßnahmen“ für einen sicheren Betrieb.

Artenschutz und Tourismus Laut der IG Rettet den Hochwald leben 23 gesetzlich geschützte Vogelarten im Umfeld der geplanten Windräder. Ein Experte schätze etwa das Risiko für Kollisionen von Mäusebussarden mit den Rotoren als sehr hoch ein. Zudem seien Untersuchungen zu Fledermäusen von 2012, 2015 und 2017 teilweise „veraltet“. Auch der von Juwi beauftragte Gutachter fordere für 2021 eine neue Bestandsaufnahme. Die IG-Vertreter verlangen: „Es muss erst ermittelt und dann genehmigt werden, nicht umgekehrt.“ Ähnliches bemängeln sie beim Genehmigungsverfahren für Windräder bei Reinsfeld (siehe Extra).

Laut den Kritikern wären die neuen Bescheider Räder von drei Traumschleifen aus zu sehen. Zudem gehe eine „archäologisch hoch interessante Fläche“ mit Fundstätten „für immer verloren“. Betreiber Juwi weist diese Befürchtungen zurück. Man halte sich beim Natur- und Artenschutz an die geltenden Gesetze und Leitfäden. Vor Ort würden zudem „Vermeidungs-, Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen“ umgesetzt – etwa durch Verstecke aus Ästen für Wildkatzen oder Fledermauskästen. Zum Schutz der Fledermäuse würden die Anlagen bei bestimmten Temperaturen, Niederschlägen oder Windgeschwindigkeiten abgeschaltet.

In Tourismuskonzepte ließen sich Windparks durchaus positiv einbinden. Juwi habe schon mehrfach Projekte in Wanderwegenetze integriert, beispielsweise mit Hinweistafeln zur Erläuterung der Stromgewinnung aus Windkraft. Vom Verlust archäologischer Fundstätten könne bei Bescheid keine Rede sein. Denkmalschutz-Behörden würden im Verfahren gehört. Zudem seien schon Anlagen-Standorte wegen der Nähe zu Fundstätten verschoben worden.

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