Kommunalpolitik Kritische Worte zum Abschied

Reinsfeld · Rainer Spies tritt nach 20 Jahren als Reinsfelder Ortsbürgermeister nicht mehr zur Wahl an. Als Hauptgrund dafür nennt er Konflikte mit Behörden, die Projekte in seiner Gemeinde blockiert hätten. Er hat auch einen Vorschlag, wie der Job des Ortschefs attraktiver werden könnte.

 Im Bürgerhaus in Reinsfeld hat Rainer Spies lange Zeit als Ortsbürgermeister die Ratssitzungen geleitet. Nach 20 Jahren beendet er sein Engagement in der Kommunalpolitik – und spricht über Hintergründe.

Im Bürgerhaus in Reinsfeld hat Rainer Spies lange Zeit als Ortsbürgermeister die Ratssitzungen geleitet. Nach 20 Jahren beendet er sein Engagement in der Kommunalpolitik – und spricht über Hintergründe.

Foto: Trierischer Volksfreund/Christa Weber

In der Kommunalpolitik ist Rainer Spies seit 40 Jahren aktiv, 20 davon als Reinsfelder Ortsbürgermeister. Nun aber ist Schluss. Bei der Kommunalwahl am 26. Mai kandidiert er nicht mehr. Dem TV hat der SPD-Politiker die Gründe dafür geschildert. Rückblickend, sagt er, habe sich Reinsfeld zwar positiv entwickelt. Aber es habe auch einige Hürden gegeben. „Die Landesregierung, einzelne Behörden und Verwaltungen haben entscheidend dazu beigetragen, dass ich nicht mehr kandidiere“, sagt Spies. Er wolle seinen Nachfolger und die künftigen Ratsmitglieder aber nicht entmutigen. „Ich möchte sie vielmehr motivieren, sich für die Gemeinde einzusetzen.“

Für Ortsbürgermeister werde es immer schwieriger, Ziele für die Gemeinde zu erreichen, beklagt der 66-Jährige. Vieles, was finanzielle Verbesserungen bringen könnte, werde auf höherer Verwaltungsebene „ausgebremst“. Behördenstrukturen seien darauf ausgelegt, „dass eine Gemeinde gegenüber anderen keinen finanziellen Vorteil haben soll“. Im Fall Reinsfeld sieht Spies Probleme bei der Windkraftplanung als Beleg dafür.

Streit mit dem Kreis Seit 2012 arbeite die Gemeinde am Bau weiterer Windräder. Spies ist der Ansicht, diese Bemühungen würden von der Kreisverwaltung Trier-Saarburg „konsequent unterlaufen“ – aus „Angst oder Respekt“ vor politisch einflussreichen Windkraftgegnern. Eine „Handvoll Sachbearbeiter“ verzögere, was anderswo deutlich schneller funktioniere. Die Trier-Saarburger Behörde habe immer wieder Unterlagen und Gutachten nachgefordert. Auch deshalb habe die Verbandsgemeinde (VG) Hermeskeil ihren Flächennutzungsplan für Windkraft viermal ändern müssen, „was lange gedauert und extrem viel gekostet hat“. Zusätzlich habe das Land „mittendrin“ Vorgaben geändert, sagt Spies. Daher sei er auch von der SPD-geführten Landesregierung enttäuscht. Seit Februar 2018 liege zwar der rechtskräftige Windkraftplan vor, aber noch kein Rad sei gebaut, kritisiert der Ortschef. Dabei habe der Landrat ihm und den Beteiligten „zeitgleiche“ Genehmigungen für Windräder zugesichert. Er hoffe, dass dies für Reinsfeld bald geschehe.

Die Kreisverwaltung weist die Vorwürfe zurück. Die Genehmigungsverfahren dauerten zwar lange, räumt die Behörde auf Anfrage ein. Dies liege aber daran, dass der Bau von Windparks „mit Eingriffen in Natur und Landschaft einhergehe, die nur nach umfangreichen Prüfverfahren zugelassen werden“. Antragsunterlagen von Windpark-Betreibern müssten zudem vollständig und „den gesetzlichen Anforderungen entsprechend“ vorliegen. Bezüglich dieser Anforderungen gebe es „immer wieder divergierende Auffassungen“ zwischen Behörden und Betreibern. Im Fall Reinsfeld seien kurz vor Abschluss neue Erkenntnisse zu einem Rotmilan-Horst aufgetaucht, die in die Unterlagen einzuarbeiten waren. Bisherige Erfahrungen zeigten, „dass ein großzügiges Hinwegsehen über Mängel in Antragsunterlagen regelmäßig zu gerichtlichen Niederlagen führt, wenn Genehmigungen von Nachbarn oder Naturschutzverbänden angegriffen werden“.

Projekt Gewerbepark Spies kritisiert auch Vorgänge rund um den geplanten Gewerbepark an der A 1. Der Gemeinderat hat dazu im März den Bebauungsplan aufgestellt. Ein Schritt, der nach Spies’ Auffassung „seit 20 Jahren überfällig“ ist. Damals schon habe es Pläne für ein Industrie- und Gewerbegebiet mit Beteiligung der Stadt Hermeskeil gegeben. Hermeskeil habe jedoch eigene Interessen in Bezug auf noch offene Flächen im Gebiet Grafenwald verfolgt, die VG-Verwaltung habe das Projekt daher nicht weiter verfolgt. Auf seine Initiative hin, sagt Spies, habe es 2018 ein Gespräch im Mainzer Wirtschaftsministerium gegeben: „Die haben verwundert gefragt, warum wir erst jetzt damit kommen.“ Hartmut Heck (CDU), seit April 2018 VG-Beauftragter, sagt dazu, dass er nicht beurteilen könne, was im Vorfeld damals gelaufen sei. Die Äußerungen von Spies deuteten darauf hin, dass es „Spannungen oder Vorbehalte“ zwischen Reinsfeld und Hermeskeil gebe. „Das darf nicht sein“, sagt Heck. In der Verbandsgemeinde gehe es nicht darum, einzelne Gemeinden zu bevorzugen oder zu benachteiligen. Der Gewerbepark Hochwald sei „auf einem guten Weg“ und werde von VG und Kreis unterstützt.

Aufwand fürs Ehrenamt Rainer Spies nennt auch steigende Anforderungen ans politische Ehrenamt als Grund für seinen Rückzug. Die Landesregierung, findet er, müsse diese Tätigkeit attraktiver machen und die Ortsbürgermeister mehr unterstützen. „Bei mehr als 2000 Einwohnern müsste es einen hauptamtlichen Bürgermeister geben“, meint der 66-Jährige. In Reinsfeld leben derzeit etwa 2300 Menschen. Der zeitliche Aufwand für das Amt ist laut Spies enorm: „Das ist ein Vollzeitjob, den man nicht einfach nebenher macht.“

VG-Chef Heck stimmt zu: „Für jemanden, der noch voll berufstätig ist, ist das kaum machbar.“ Es gebe Bundesländer, die das anders regelten. In Baden-Württemberg etwa ist der Bürgermeister in Gemeinden mit mehr als 2000 Einwohnern automatisch hauptamtlich tätig. Aktuell fehlen in der Region Trier für 195 Gemeinden Bewerber (TV vom 30. April). Das Land will eher mit finanziellen Anreizen reagieren: Die monatliche Aufwandsentschädigung für die ehrenamtlichen Ortschefs soll erhöht werden.

In Reinsfeld gibt es einen Kandidaten (Uwe Roßmann, SPD) fürs Ortsbürgermeisteramt. 1999 waren es laut Spies noch sieben Bewerber. „Es braucht frisches Blut, auch in den Räten, damit neue Ideen aufkommen.“ In Reinsfeld habe der Rat durch gute fraktionsübergreifende Zusammenarbeit viel erreicht. Der Ort wachse, von 30 Bauplätzen habe man in drei Jahren 28 verkauft. „Aber der Ortschef ist der Motor. Wenn der stockt, läuft wenig. Will er was erreichen, muss er ständig am Ball bleiben und gegen Widerstände angehen.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort