Ihre Meinung Moralische Selbstüberschätzung

Geschichte

Zur Berichterstattung über die mögliche Umbenennung von Hindenburgstraße und Bischof-Stein-Platz in Trier:

1932 war für die Menschen in der Weimarer Republik ein schlimmes Krisenjahr. Die Weltwirtschaftskrise hatte das Land fest im Griff. Millionen Menschen wussten nicht, ob sie in einer Woche noch etwas zu essen haben würden. In dieser Situation wurde die NSDAP unter der Führung Adolf Hitlers bei zwei Reichstagswahlen zur stärksten politischen Kraft gewählt. Hitler stand es im Grunde zu, mit der Regierungsbildung beauftragt zu werden.

Hindenburg und andere politische Kräfte versuchten dies zu verhindern. Das Problem war die Vorgabe in der Verfassung, dass binnen drei Monaten gewählt werden musste, wenn keine Regierungsbildung möglich war. Das Kalkül war, die nächste Wahl hinauszuzögern, um nach überstandener Krise die gemäßigten Kräfte politisch wieder zu stärken. Die SPD versagte meiner Meinung nach, da sie sich weigerte, eine „Regierung der nationalen Einheit“ zumindest zu tolerieren. Viele Versuche scheiterten, bis Hindenburg Hitler ernannte. Es war ein kollektives gesellschaftliches Versagen, viele Menschen wählten Hitler in ihrer Not.

Nach dem Krieg mussten die schlimmen Ereignisse der Nazi-Zeit gesellschaftlich verdrängt werden, und es wurden Sündenböcke benötigt. Hindenburg war einer davon. Die Steigbügelhalterlegende wurde geboren, welche über die Schulbücher in die Gesellschaft verbreitet wurde.

Ein ähnliches Schicksal wie Hindenburg muss derzeit Bischof Stein erdulden. Es werden Sündenböcke benötigt, weil sich die Gesellschaft nicht eingestehen will, dass sie bis in die 80er Jahre hinein beim Thema Kindesmissbrauch kein nennenswertes Unrechtsbewusstsein hatte. Die damalige politische Forderung der Grünen damals nach Abschaffung der Strafbarkeit des sexuellen Umgangs von Erwachsenen mit Kindern steht hierfür Pate.

Letztlich zeigt die Umbenennung der Hindenburgstraße nur eines:
Es ist ein Akt der moralischen Selbstüberschätzung und Selbstgerechtigkeit einer Generation, welche keine existenzbedrohende Krisensituation zu bewältigen hatte und deren historisches Bewusstsein trotz immenser Verfügbarkeit des Wissens immer weiter schwindet.

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