Kultur Grenzgänge in Poesie und Musik

Daun · In der Galerie Augarde hat es zur „Trilogie“-Ausstellung mit Werken von Angelika Ehrhardt-Marschall, Ali Zülfikar und Stefan Noss eine musikalische Lesung mit Beatrice Fermor und Josef Marschall gegeben.

 Beatrice Fermor und Josef Marschall wagten musikalische und literarische „Grenzgänge“ entlang eines komplizierten Gefühls.

Beatrice Fermor und Josef Marschall wagten musikalische und literarische „Grenzgänge“ entlang eines komplizierten Gefühls.

Foto: TV/Angelika Koch

Verschiedene Sparten miteinander zu verbinden ist Anliegen der Midissagen (Veranstaltungen zur Halbzeit einer Kunstausstellung), die Galeristin Stefanie Mayer-Augarde gern präsentiert. Bildende Kunst, Literatur und Musik gehen mal harmonische, mal kontrastreiche Beziehungen ein. Zu den Zeichnungen und Gemälden der aktuellen Ausstellung, die menschliche Gefühle und Lebenswelten in den Mittelpunkt rücken, passt das wohl meist betrachtete Thema von Lyrik, Belletristik und Liedern: die Liebe. Beatrice Fermor, die in Remagen das Atelier für Sprache und Literatur ins Leben rief, gab in ihrer Auswahl weltliterarischer Texte und eigener Betrachtungen viel Spielraum für alle Facetten dieses urmenschlichen Antriebs, vom ersten verliebten Aufblühen bis zum fassungslosen Scheitern, vom unbedingten Begehren bis zum behutsamen Zweifel. So war der musikalisch-dichterische Streifzug alles andere als eine romantische Verklärung, sondern die Ergründung eines Gefühls, das am Ende doch geheimnisvoll und unerklärt blieb. Fermor ließ unter anderem Goethe und Meister Eckhart, Rose Ausländer und Platon, Hilde Domin und Erich Kästner, Bertold Brecht und Hildegard von Bingen mit Poesie und philosophischen Aphorismen zu Wort kommen. „Es ist was es ist, sagt die Liebe…“ dieses 1983 veröffentlichte Gedicht von Erich Fried, vorgetragen von Beatrice Fermor, verdeutlicht wohl am meisten, wie  gerade Lyrik Menschen in ihren Bann ziehen kann. Sie live zu hören vermittelte ihre Lebendigkeit mehr noch als die bloße Lektüre.

Viel mehr als musikalische Intermezzi zwischen den Texten waren die Improvisationen von Josef Marschall. Eichendorffs Anfang des 19. Jahrhunderts von Friedrich Glück vertontes Gedicht „In einem kühlen Grunde“ oder Goethes „Heidenröslein“, das wohl jeder in der Liedversion von Franz Schubert kennt, befreite er von heute als kitschig anmutenden Konventionen und verwandelte sie in moderne Jazz-Variationen. Marschall, als Komponist, Arrangeur, Filmmusik-Produzent und Keyboarder eine anerkannte, jedoch eher im Hintergrund wirkende Größe in der deutschen Musikszene, füllte den akustisch hervorragenden Raum der Galerie, als wäre er ein großer sinfonischer Konzertsaal.

Dabei ist an den Midissagen, die Stefanie Mayer-Augarde bei freiem Eintritt als kleines Kulturhighlight anbietet, eines immer bemerkenswert: die familiäre und ungezwungene Atmosphäre. Hier ist es möglich, Kunstschaffenden zu begegnen, ohne dabei die Attitüden des „kleinen Schwarzen“ mitbringen zu müssen. Kunst wird hier nahbar, für jede und jeden. Bildende Künstler, Literaten wie Beatrice Fermor oder Musiker wie Josef Marschall treffen buchstäblich auf Augenhöhe und ohne Bühnendistanz ein Publikum, das aus spürbar lebhaftem Interesse kommt.

Die „Trilogie“-Ausstellung läuft noch bis zum 18. April.

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