Die Maut-Angst grenznaher Regionen

Luxemburg/Berlin · Nicht nur in der Region Trier sorgt die geplante PKW-Maut auf allen deutschen Straßen für Wallungen. Abbringen lassen will sich Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt davon aber nicht. Er geht nun auf Werbetour.

Luxemburg/Berlin. Luxemburgs Regierung und der Handel in der Region Trier haben sich kritisch zu den Plänen einer umfassenden Maut für Deutschlands Straßen geäußert (der TV berichtete vergangene Woche). Nun gibt es auch aus anderen grenznahen Regionen, zum Beispiel aus den rheinland-pfälzischen Nachbarbundesländern Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, Kritik an dem Vorhaben von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU).Der wehrt sich nun gegen den wachsenden Chor der Maut-Skeptiker. "Bei manchen Diskussionen kann man den Eindruck bekommen, als würde die Einführung einer Vignette die Gesellschaft überfordern", sagte der CSU-Politiker dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel, das an diesem Montag erscheint. Dobrindt will ab 2016 eine Infrastrukturabgabe für das gesamte Straßennetz kassieren. Dafür sollen Vignetten verkauft werden, deren Preis sich nach Öko-Klassen und Hubraum der PKW richtet. Deutsche würden die Vignette automatisch erhalten. Im Gegenzug werden sie über eine geringere KFZ-Steuer voll entlastet. Ausländische Fahrer sollen Vignetten an Tankstellen und im Internet kaufen. Dies würde auch luxemburgische Bürger treffen, die in der Region Trier einkaufen wollen. Dennoch hat Luxemburg selbst keine Mautpläne - um im Gegenzug deutsche Tanktouristen zur Kasse zu bitten. Der dortige Verkehrsminister François Bausch hat im Volksfreund stattdessen eine europäische Maut-Lösung angeregt.Sorge um Grenzregionen

Ähnliche Forderungen gibt es jetzt allenthalben, auch aus den Reihen der Union in Deutschland. So fordert der Vorsitzende der mächtigen nordrhein-westfälischen Landesgruppe in der Unionsfraktion, Peter Hintze (CDU), eine grundlegende Überarbeitung des Dobrindt-Konzepts. Er weist auf die engen Verflechtungen in allen Grenzregionen hin, etwa zwischen Nordrhein-Westfalen und Belgien. Für jede grenzüberschreitende Fahrt zum Arbeitsplatz, Einkauf oder zur Disco von den EU-Nachbarn Maut "zu kassieren, könnte sich als teurer Fehler herausstellen". Das belaste den Wirtschaftsstandort und die nachbarschaftlichen Beziehungen, sagte Hintze dem Magazin Focus.Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, dessen Stimme bei einer Bundesratsabstimmung zur Maut wichtig werden könnte, warnte ebenfalls vor Einbußen. "Die Schweizer, die bei uns Urlaub machen, einkaufen und essen, bringen Baden-Württemberg einen Kaufkraftzuwachs von zwei Milliarden Euro im Jahr", sagte der Grünen-Politiker der Welt am Sonntag. "Wenn das einbricht, weil eine PKW-Maut auch auf jeder normalen Straße erhoben wird, dann können wir im Saldo negativer rauskommen als vorher." Dobrindt selbst schließt negative Auswirkungen auf die Wirtschaft in Grenznähe aus: "Ich teile die Einschätzung nicht." Wenn eine Jahresvignette für einen Polo 24 Euro koste, werde dies niemanden davon abhalten, nach Deutschland zu fahren. In den kommenden Tagen will Dobrindt zunächst bei seinen Amtskollegen in Österreich und den Niederlanden um Verständnis für das Vorhaben werben. Beide Nachbarländer hatten nicht ausgeschlossen, Deutschland wegen der Maut zu verklagen. Dobrindt geht aber nicht davon aus, dass die Maut am Europarecht scheitern könnte. "Ich habe Brüssel bei dem Vorhaben auf meiner Seite." Er habe von Verkehrskommissar Siim Kallas die Zusage, dass dieser das Gesetz konstruktiv begleiten werde. Nach einem Bericht der Welt am Sonntag erwägt Dobrindt, die Maut in Form einer neuen Steuer einzuführen. Demnach könne der Kaufpreis für die Vignetten entweder als Abgabe oder als Steuer erhoben werden. dpa/redKann die geplante PKW-Maut der Wirtschaft in grenznahen Regionen schaden? Diskutieren Sie via Facebook mit.volksfreund.de/mautExtra

In der Bevölkerung herrscht Skepsis gegenüber den Maut-Plänen von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). In einer Emnid-Umfrage für das Magazin Focus sagten 68 Prozent der Befragten, sie glaubten Dobrindt nicht, dass durch die Maut deutsche Autofahrer nicht extra belastet würden. 27 Prozent gehen demnach davon aus, dass die PKW-Maut nur ausländische Autofahrer belastet. dpa

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