Interview Peter Lipkowski „Coaching ist in dem Altersbereich nicht so wesentlich“

Der Vorsitzende des Jugendausschusses des Fußballverbandes Rheinland äußert sich zur Reform im Kinderfußball.

 Peter Lipkowski ist nicht nur Verbandsjugendleiter, sondern  auch stellvertretender Vorsitzender des DFB-Jugendausschusses.

Peter Lipkowski ist nicht nur Verbandsjugendleiter, sondern  auch stellvertretender Vorsitzender des DFB-Jugendausschusses.

Foto: FV Rheinland

Kleinere Mannschaften auf kleineren Spielfeldern: Im jüngeren Nachwuchsbereich soll sich jetzt grundlegend etwas ändern. Was macht diesen Schritt notwendig?

LIPKOWSKI Zu viele Kinder hören einfach viel zu früh mit dem Fußballspielen auf. In Siebener-Mannschaften gibt es immer wieder welche, die kaum oder gar nicht zum Zuge kommen. In den Köpfen von so manchem Trainer ist das Gewinnenwollen allzu fest verankert. Das ist irgendwo zu verstehen. Es gilt aber, sich mehr in die Kinder hineinzuversetzen: Was möchten sie eigentlich? Sie wollen Fußballspielen, Tore schießen – und nicht nur am Rande stehen und zuschauen. Wenn einige nur wenige Minuten spielen, ist das dann schon ein Problem. Vor diesem Hintergrund hat man beim DFB diese neuen Kinderspielformen kreiert. Den Plänen liegen Erhebungen von Universitäten zugrunde. Auch deshalb wurde in einer deutschlandweiten Arbeitsgruppe – unser Sportlicher Leiter, Clemens Decker gehörte dazu – über eine Modernisierung in diesem Bereich diskutiert. Sie haben festgestellt, dass einige Kids kaum an den Ball kommen, wenig gefordert werden und sich hier etwas verändern muss – nicht nur im Fußballverband Rheinland, sondern auch deutschlandweit.

Wie sah und sieht die etappenweise Einführung der jeweiligen Punkte aus?

LIPKOWSKI Im ersten Schritt ging es darum, möglichst in jedem Fußballkreis ein paar „Überzeugungsturniere“ zu veranstalten und damit Akzeptanz zu schaffen. Es gab nicht wenige Trainer, die am Anfang mit dem Wechsel auf vier Tore gesagt haben: ‚Was soll der Kram?‘ Sehr viele der Trainer waren nach einer Weile aber anderer Meinung und konnten dem Ganzen einiges Positives abgewinnen. Zu dieser Saison haben wir den Vereinen dann die Möglichkeit eröffnet, mit Dreierteams an den Start zu gehen. Es ist dann möglich, Spieltage in alter und neuer Spielform zu absolvieren, um so Erfahrungen zu sammeln.  Als dritten Schritt werden wir die neue Form ab Sommer und damit mit Beginn der Saison 2022/23 zunächst bei den F-Junioren einführen.

Wie waren bislang die Erfahrungen im Fußballverband Rheinland?

LIPKOWSKI Nach den Pilotturnieren beim Tag des Kinderfußballs Anfang September in Koblenz konnte man sich mit einem QR-Code direkt an den DFB wenden und seine Erfahrungen mitteilen. DFB-weit war da die Beteiligung aus dem FV Rheinland besonders hoch. Gerade von den Eltern gab es dabei viel positive Stimmen: Ihnen ist es wichtig, dass ihre Kinder mit Freude an die Sache herangehen. Generell gilt: Wir müssen mit dem Zeitgeist gehen und uns dem Wandel auch in den Familien und der Freizeit stellen. Deshalb sehen wir die Einführung der neuen Kinderspielform als sehr sinnvoll an.

Torleute sind beim neuen Modus überflüssig …

LIPKOWSKI Reden Sie mal mit den Verbandssportlehrern: Die sagen Ihnen, dass in diesem Alter keiner auf eine Position festgelegt sein sollte. Mit der Zeit sieht man dann, wer für was geeignet ist.

Es gibt kritische Stimmen, die von einem organisatorischen Mehraufwand für Trainer und Betreuer ausgehen, wenn sie sich um mehr Teams kümmern müssen. Was sagen Sie dazu?

LIPKOWSKI Ein gewisser Mehraufwand ist sicherlich nicht zu leugnen. Der ist da. Es ist aber schon möglich, dass ein Trainer zwei Spielfelder einsehen kann. Hat er mehr Mannschaften, ist auch mal das eine oder andere fußballaffine Elternteil gefragt. Das Coaching ist in dem Altersbereich sowieso nicht so wesentlich. Hier treffen die Kinder meist ihre eigene Entscheidung.

Andere Kritiker werfen ein, dass auch die Kleinen wie die Großen Fußballspielen wollen – und nicht etwa auf vier Tore. Entwachsen sie den jüngeren Mannschaften, müsse erst einmal das richtige Fußballspielen erlernt werden. Wie gehen Sie mit diesem Einwand um?

LIPKOWSKI Klar war, dass wir kleinere Teams wollen, um so Spaß und die Dynamik zu fördern. Mehrere kleine Tore sind dafür ideal. Hätten wir das nur mit je einem Tor gemacht, wäre es wieder dazu gekommen, dass sich dort einer reingestellt hätte. Genau das wollten wir nicht. So erlebt das Spiel mehr Variationsmöglichkeiten.

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