Corona-Soforthilfeprogramm (Sport-)Vereine aufgepasst! Die Sache mit der Umsatzsteuer

Mainz/Trier · Für (Sport-)Vereine, die wegen der Corona-Pandemie in Not geraten sind, hat das Land einen Schutzschirm gespannt. Seit Anfang Mai können Anträge gestellt werden. Dabei steckt der Teufel im Detail.

 Sieben Seiten umfasst das Antragsformular für das rheinland-pfälzische Soforthilfeprogramm für Vereine – manche Fallstricke inklusive. Tipps und umfassende Beratung gibt’s unter anderem beim Sportbund Rheinland.

Sieben Seiten umfasst das Antragsformular für das rheinland-pfälzische Soforthilfeprogramm für Vereine – manche Fallstricke inklusive. Tipps und umfassende Beratung gibt’s unter anderem beim Sportbund Rheinland.

Foto: TV/Mirko Blahak

Seit Anfang Mai können Vereine und Verbände beim Land Rheinland-Pfalz Anträge auf Gewährung einer Soforthilfe stellen. Mit dem Programm soll Zahlungsunfähigkeit wegen der Corona-Pandemie verhindert werden. Bis zu 12 000 Euro sollen Antrag­steller bekommen können.

Der Handballverband Rheinland (HVR) wollte von diesem Topf profitieren, doch schon beim Ausfüllen der ersten von insgesamt sieben Seiten hat er nach Auskunft von HVR-Ehrenmitglied Herbert Schuhmacher die Eingabe beendet.

Grund ist der Punkt 1.4, unter dem abgefragt wird, ob der antragstellende Verein beziehungsweise Verband umsatzsteuerpflichtig ist. Lautet die Antwort „Ja“, muss die Umsatzsteuer-ID angegeben werden – und man ist erst mal raus. Grund: In diesem Fall ist für den Verein/Verband „zunächst das Corona-Soforthilfe-Programm für kleine Unternehmen und Soloselbstständige vorrangig zu nutzen“, wie es in dem Antrag heißt. Anträge für dieses Bundesprogramm werden über  die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) abgewickelt.

Für Schuhmacher ist diese Regelung unverständlich – trotz grundsätzlichen Lobs für die Hilfe in der Not: „Man muss kein Experte im Vereinsrecht sein, um aus dieser gravierenden Bedingung für eine finanzielle Hilfe ein K.o.-Kriterium abzuleiten, da die Mehrheit der Vereine trotz Gemeinnützigkeit über umsatzsteuerpflichtige Einnahmen verfügen, und genau diese Einnahmen nun weggebrochen sind (...) Es sind gerade diese steuerpflichtigen Einnahmen, welche die Existenz der Mehrheit der Vereine sichern und auch eine effektive Nachwuchsarbeit erlauben. Betroffen sind hier vor allem Vereine mit zuschauerorientierten Sportarten, welche mit den daraus erzielten Einnahmen einschließlich Werbeeinnahmen ihren Sportbetrieb überhaupt am Leben erhalten können“, argumentiert der Trierer.

Schuhmachers ernüchterndes Fazit: „Dass nun diese Vereine von einer Soforthilfe aus diesem Landesprogramm ausgeschlossen sein sollen und an die ISB verwiesen werden, ist nicht nachvollziehbar, handelt es sich doch hier weder um  Soloselbstständige noch um ein Kleinunternehmen mit Beschäftigten in einem lohnsteuerpflichtigen Arbeitsverhältnis.“

Das Thema brennt auch anderen Vereinen auf den Nägeln. Peter Michaeli, Vorsitzender des Sportkreises Bitburg-Prüm, berichtet etwa von Telefonaten mit Clubvertretern, die umsatzsteuerpflichtig sind.

Stecken die Tücken also im Detail? Nachfrage bei Barbara Berg, Abteilungsleiterin beim Sportbund Rheinland. Ist unter Punkt 1.4 das grundsätzliche Vorhandensein einer Umsatzsteuer-ID oder die tatsächliche Umsatzsteuerpflicht ausschlaggebend, um bei ,Ja’ ein Kreuzchen zu setzen?  „Ausschlaggebend ist die tatsächliche Umsatzsteuerpflicht im Jahr 2020. Nur wenn ein Verein im laufenden Jahr 2020 umsatzsteuerpflichtig ist, dann ist die Umsatzsteuer-ID anzugeben. Die Umsatzsteuerpflicht für das Jahr 2020 ergibt sich aus der Höhe der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze im Jahr 2019. Sind diese nicht höher als 17 500 Euro gewesen, so fällt der Verein unter die sogenannte Kleinunternehmerregelung und ist für das Jahr 2020 von der Umsatzsteuer befreit. Lagen die umsatzsteuerpflichtigen Umsätze höher, so ist der Verein in 2020 umsatzsteuerpflichtig.“

Zur Beantwortung der Frage, was unter umsatzsteuerpflichtige Einnahmen fällt, ist ein Blick ins Vereinssteuerrecht notwendig. Zur Berechnung der Umsatzsteuergrenze sind die umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, dem Zweckbetrieb und der Vermögensverwaltung hinzuzuziehen. Darunter fallen zum Beispiel der Verkauf von Kaffee und Kuchen bei Turnieren oder im Vereinsheim, Eintrittsgelder aus sportlichen Veranstaltungen, Verpachtung und Werberechte. Wichtig: Einnahmen aus dem sogenannten ideellen Bereich (Mitgliedsbeiträge, Spenden, Zuschüsse) sowie die umsatzsteuerfreien Einnahmen aus dem Zweckbetrieb (zum Beispiel Teilnehmergebühren aus Kursen oder Startgelder aus sportlichen Veranstaltungen) sowie der Vermögensverwaltung werden zur Berechnung nicht herangezogen. „Insofern ist der überwiegende Teil der Vereine des Sportbundes Rheinland nicht umsatzsteuerpflichtig“, sagt Berg.

Günter Wagner, Vorsitzender des Sportkreises Bernkastel-Wittlich und Vorsitzender des SFG Bernkastel-Kues, erachtet die Umsatzsteuergrenze nicht so sehr als Problem. Schwieriger sei es für Vereine, im weiteren Verlauf des Antrags den geforderten „existenzbedrohlichen Liquiditätsengpass“ nachzuweisen. „Die Messlatte liegt ziemlich hoch. Vereine in Not sind nicht direkt von einer Insolvenz bedroht“, sagt Wagner. Der SFG beispielsweise müsse mit Umsatzeinbußen im fünfstelligen Euro-Bereich rechnen, als Großverein habe er aber in der Vergangenheit Rückstellungen gebildet. „Wir haben wegen Corona Probleme, kommen aber rund, da wir in der Vergangenheit gut gewirtschaftet haben. Das bekommt man aber bei der Antragstellung unterschwellig aufs Brot geschmiert.“

Aus Sicht von Schuhmacher ist das rheinland-pfälzische Hilfsprogramm zu restriktiv gefasst. Lieber wäre ihm da ein Vorgehen, wie es im Freistaat Sachsen gewählt worden sei. Dort könnten mittels eines lediglich einseitigen Formulars unter formloser Angabe, in welchen Bereichen Einnahmen wegen der Corona-Pandemie wegfallen, Soforthilfen in Höhe von 1000 Euro, 2500 Euro, 5000 Euro oder 10 000 Euro beantragt werden. Schuhmacher: „Dort werden  klar und unmissverständlich die Voraussetzungen für einen Zuschuss benannt und auch keinerlei Ausschlusskriterien zur Steuerpflicht aufgeführt.“

Michaeli macht derweil umsatzsteuerpflichtigen Vereinen in Rheinland-Pfalz Mut: „Das über die ISB laufende Bundesprogramm liest sich zwar so, als ob Vereine nicht als erstes gefördert werden. Doch das ist nicht so.“ Und außerdem sagt Barbara Berg: „Wird der Antrag dort abgelehnt, sind auch diese Vereine im Vereinsprogramm des Landes antragsberechtigt.“

Darauf macht auch die Landesregierung aufmerksam: „Es kann auch mit Umsatzsteuerpflicht und Umsatzsteuer-ID sein, dass ein Verein keine Wirtschaftshilfen erhält. Das wäre etwa der Fall, wenn der Verein nicht dauerhaft am Markt tätig ist. Beispielsweise, wenn es ein großes jährliches Fest des Vereins gibt mit einem Umsatz über 17 500 Euro (diese Summe galt noch im letzten Jahr, ab 2020 sind es 22 000 Euro). Dann ist der Verein zwar umsatzsteuerpflichtig, erhält aber keine Wirtschaftshilfen und kann daher die Soforthilfe des Vereinsprogramms in Anspruch nehmen (sofern ein Liquiditätsengpass und damit Existenzgefahr drohen)“, teilt Antonia Sanke vom Corona-Kommunikationsstab der Landesregierung mit.

Michaeli ermuntert die Vereine, sich offensiv mit Fragen zu den Förderprogrammen an ihn zu wenden. Auch Berg wirbt dafür, sich beraten zu lassen – beim Sportbund (Kontakt: siehe am Ende des Berichts).

Thomas Lorenz, Präsident des PST Trier, wirbt in der ganzen Diskussion um Fairness. Sein Appell: Geld solle tatsächlich nur an notleidende Vereine und Verbände ausgeschüttet werden.

„Wir wollen nicht etwas geltend machen, was uns nicht zusteht“, sagt Lorenz – und verweist auf die beim PST derzeit laufende, „sehr komplexe Berechnung“ der Auswirkungen der Corona-Pandemie. Lorenz: „Es ist schwierig, den finanziellen Schaden zu beziffern. Wegfallende Einnahmen müssen fairerweise mit aktuell wegfallenden Ausgaben gegengerechnet werden – und das in all unseren Abteilungen.“

Noch, sagt Lorenz, sei für den PST die Situation beherrschbar. „Wenn jedoch bis Ende des Jahres kein Sportbetrieb möglich sein sollte, müssen wir mit vielen Kündigungen von Mitgliedern rechnen. Dann wird sich auch bei uns die Lage enorm ändern.“

Es geht um den Solidargedanken – zwischen den Vereinen, aber auch in den Clubs. Bitburg-Prüms Sportkreischef Michaeli sagt: „Ich hoffe, dass sich die Mitglieder zu ihren Vereinen bekennen. Sie sollten nicht kündigen, denn ihre Beiträge sind fixe und wichtige Einnahmen für die Vereine.“

Barbara Berg, Abteilungsleiterin Management-Akademie beim Sportbund Rheinland, steht für Fragen zur Verfügung. Der Kontakt: Telefon: 0261/135-145, E-Mail: corona-hilfe@sportbund-rheinland.de

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