Auslese Zur Strafe ab in den Steilhang

Die Genehmigung für einen Weinausschank und die bürokratischen Hürden ist dieses Mal das Thema unserer Weinkolumne.

 Symbolbild

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Foto: dpa/Matthias Rietschel

In meiner langen Zeit als Redakteur des Trierischen Volksfreunds habe ich eines immer wieder feststellen müssen: In vielen Bereichen, über die ich berichtet habe, nimmt die Bürokratie immer mehr Raum ein. Das Kommunalbrevier, in Rheinland-Pfalz zum Beispiel die Pflichtlektüre von Kommunalpolitikern, wird immer umfangreicher. Dabei wird gleichzeitig seit Jahrzehnten darüber geredet und auch gefordert, die Bürokratie abzubauen. Doch das Gegenteil ist der Fall.

Auch die Winzerschaft singt immer häufiger das gar nicht schöne Lied von ihrem vor allem durch Vorgaben geprägten Dasein. Bitte nicht falsch verstehen: Ein Grundgerüst an Verordnungen und Gesetzen, an das sich alle halten, muss da sein. Auch in einem freien Land kann nicht jeder tun und lassen, was er will.

Immer öfter aber schüttele ich verständnislos den Kopf. Zum Beispiel hierüber: Vor wenigen Wochen hat der Südwestrundfunk über einen Fall berichtet, in dem es um den Weinausschank in der rheinhessischen Verbandsgemeinde Wöllstein geht. Da hat, so die Nachricht, der Betreiber der „Winzeralm“ in der Ortsgemeinde Siefersheim nach mehr als einem Jahrzehnt keine Genehmigung mehr für seinen Weinausschank bekommen. Der Winzer räumte ein, dass die Genehmigung immer nur tageweise für besondere Anlässe gegolten habe. Der Saisonbetrieb von Mai bis Oktober habe aber niemanden gestört.

Bis dato hatte die Verbandsgemeinde Wöllstein die Ausschankgenehmigung erteilt, weil das eine ihrer Aufgaben ist. Neu in diesem Jahr: Das zuständige Ministerium im Weinbauland Rheinland-Pfalz fragte bei der VG nach der Genehmigung für zwei Weinausschankstellen in Siefersheim. Das Ministerium wollte wissen. Gibt es dort Toiletten, Tische, Bänke, Stühle? Hat die Gemeinde Möbel bereitgestellt, oder kommen die von privater Seite? Welche Getränke und Speisen werden angeboten? Liegt der Ausschank im Ort, am Ortsrand oder außerhalb?

In dem Bericht heißt es weiter: Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde habe berichtet, dass in einer Konferenz explizit auf juristische Hürden hingewiesen worden sei. Das Landwirtschaftsministerium habe nach seinen Informationen Kommunen sogar angewiesen, bereits erteilte Genehmigungen zurückzuziehen.

Das Ministerium bestreite dies, so der SWR. Es gebe auch kein entsprechendes Rundschreiben. Allerdings werde mit Blick auf regelmäßigen Ausschank im Außenbereich von einer rechtlich komplexen Gemengelage gesprochen. Es geht vor allem um Baurecht und Gewerberecht. Ich will nicht zu weit ausschweifen, denn das Beste kommt noch. Nur so viel noch: Bis alles geprüft ist – und das kann in Deutschland bekanntlich lange dauern – werden in der VG Wöllstein weiter Genehmigungen erteilt.

Doch nun das Beste, das ja meist zum Schluss kommt, hier aber doch eher zum Heulen ist. Für jedes Wochenende muss nun eine einzelne Genehmigung beantragt werden. Hinzu kommt: Der Antragsteller darf nicht immer dieselbe Person sein. Für den Betreiber der „Winzeralm“ in Siefersheim bedeutet dies: Zuerst stellt er selbst den Antrag, für das folgende Wochenende seine Ehefrau und danach die Tochter. Sie ahnen es: Danach geht das Spiel wieder von vorne los. Wer sich so eine Verordnung ausdenkt und auf den Weg bringt, sollte dazu verdonnert werden, im Hochsommer eine Woche lang im Steilhang zu arbeiten.

mosel@volksfreund.de

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