Konsequenz tut weh

Wer dieser Tage fordert, der Staat müsse sparen und Schulden reduzieren, kann sich des kollektiven Beifalls sicher sein. Doch die Zustimmung findet ein jähes Ende, sobald es konkret zur Sache geht.

Diese Erfahrung macht derzeit die neue Landesregierung. Man hat getan, was alle fordern: Ins Koalitionsprogramm klare Sparvorgaben reingeschrieben. Aber wo immer es ernst wird, regt sich massiver Widerstand. In Koblenz läuft die - eigentlich qua Amt zur Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes verpflichtete - Justiz verbal Amok. Als ginge es bei der geplanten Reform nicht um eine rationale Standortfrage mit unbequemen Begleiterscheinungen für die Betroffenen, sondern um den Rechtsstaat schlechthin.
Da will die Landesregierung vermeiden, angesichts demnächst dramatisch sinkender Schülerzahlen teure personelle Tatsachen zu schaffen - schon schreit die Lobby der Lehrerverbände Zeter und Mordio. Und nun auch noch die Polizei: Da drohen Interessenvertreter bei jeder gestrichenen Stelle mit dem Kappen der Dienstleistungen. Als würden in einem Unternehmen bei jeder neuen Aufgabe zusätzliche Leute eingestellt.
Klar kann man Verständnis haben für Partikularinteressen. Und gegen manche Sparmaßnahme gibt es nachvollziehbare Argumente. Aber wie man es auch dreht und wendet: Wer Ausgaben verringern will, muss Besitzstände angreifen. Die Einsparung, die niemandem wehtut, ist noch nicht erfunden.
Die Politik ist hierzulande oft genug feige. Aber da, wo sie es nicht ist, verdient sie das Wohlwollen der Bürger. Zum ersten Mal seit Jahren stimmt in Rheinland-Pfalz die Richtung. Und zwar gerade deshalb, weil man es nicht bei allgemeinen Lippenbekenntnissen und "ergebnisoffenen" Unverbindlichkeiten belassen hat, sondern handfeste Vorschläge unterbreitet. Gefragt ist jetzt kein Sperrfeuer, sondern konstruktive Mitwirkung. Wer das nicht will, was auf dem Tisch liegt, muss sagen, wo denn stattdessen gespart werden soll. Das gilt übrigens auch für die Opposition, die beim Sparen immer dicke Backen macht, aber jeden realen Vorschlag empört ablehnt.
Freilich könnte auch Mainz die Spardebatte entkrampfen. Indem man ähnlich hart im eigenen Beritt Vorschläge unterbreitet. Die Ministerialbürokratie, die Mittelbehörden, die Oberfinanzdirektionen, Landesbetriebe und alle anderen Biotope im Landesdienst dürften jede Menge Einsparpotenzial bieten. Vorausgesetzt, man schneidet auch den Regelungs- und Normierungswust zurück.
Allerdings ginge es dann, anders als bei Justiz, Polizei und Lehrern, dem politischen Fußvolk der Landesregierung, an den Kragen. Mal sehen, wie weit die Traute von Kurt Beck reicht.

d.lintz@volksfreund.de

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