Sprache Kühn kombiniert, urplötzlich mutiert

Zum Artikel „Der/die Bösewicht*in siegt im Genderkampf“ (TV vom 15. Februar) schreibt Jens Ossadnik:

Es ist schwierig, unsere historisch gewachsene Sprache auf künstlich herbeigeführte Weise gendergerecht durchregeln zu wollen. Für mich als freiberuflicher Lektor und Korrektor sieht der Zwischenstand momentan so aus: Sowohl auf Papier als auch digital kämpfe ich seit vielen Jahren parallel – je nach (Universitäts-)Vorgaben oder „Schule“ – nicht allein mit (Gender-)Konkurrenzformen wie den „Mieterinnen und Mietern“, Sternchengebilden („Mieter*innen“) oder dem Wohlfühlersatz für Unterstrichbegeisterte („Mieter_innen“). Darüber hinaus gibt es ja noch das im Artikel unerwähnt gebliebene Binnen-I („MieterInnen“) und – seit jüngerer Zeit – gerne auch den immer beliebter werdenden Doppelwunschpunkt im Wortinneren („Mieter:innen“). Ach ja, zahlreiche Schrägstrich(misch)varianten, die auf Einheitlichkeit getrimmt werden sollen, ebenfalls nicht zu vergessen („Mieter/innen“ neben „Mieter/-innen“ …). Nicht ohne Anspruch ist schließlich auch die Genderbemühung, mitten im Text scheinbar wahllos das Geschlecht wechseln zu wollen, also etwa eben noch den „Mieter“ zu meinen, direkt im Anschlusssatz aber mit derselben, urplötzlich zur „Mieterin“ mutierten Person fortzufahren – und/oder umgekehrt.

Auch wenn es mehr als wünschenswert wäre: Zu einer ernsthaft gewollten Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern beispielsweise werden die im Wettbewerb stehenden (teilweise auch kühn kombinierten) und sich überbietenden Sternchenlösungen, Binnen-Is, Unterstrich- und Doppelpunktspielwiesen leider kaum Bedeutendes beitragen. Zum mitunter (unnötig) erschwerten Textverständnis hingegen schon.

Dass die im Beitrag zitierten Sprach- sowie Grammatikexpertinnen Gehör finden, die vor den Folgen der Duden’schen Sprachver(w)irrung warnen, ist aus meiner Sicht zu hoffen.

Jens Ossadnik, Aach

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