Unterm Strich – die Kulturwoche Neues aus dem Camp, Altes in der Kunsthalle

Auch Politiker können – nach einer halbwegs, aber wirklich nur halbwegs – honorigen Karriere ganz unten ankommen. Oder sogar noch tiefer. Erinnert sich wer noch an Günther Krause, der im Wiedervereinigungschaos unter Helmut Kohl  Bundesminister für besondere Aufgaben (1990–1991) und Verkehr (1991-1993) wurde und zeit seiner Zeit als Politiker den Ruf des Halbseidenen nie so recht los wurde?

 Der frühere Bundesverkehrsminister Günther Krause (CDU) ist einer der Kandidaten für die neue Staffel der RTL Dschungelcamp-Show.

Der frühere Bundesverkehrsminister Günther Krause (CDU) ist einer der Kandidaten für die neue Staffel der RTL Dschungelcamp-Show.

Foto: dpa/Bernd Wüstneck

  Er trat zurück, weil er unberechtigt Lohnkosten für seine Putzfrau vom Arbeitsamt kassiert hatte. Später war er als Unternehmer tätig. Im Jahr 2018 verließ er ein von ihm bewohntes Haus an der Mecklenburgischen Seenplatte, das er quasi unrechtmäßig besetzt hielt, kurz vor der Zwangsräumung. Und jetzt wird er nach all diesem unrühmlichen Schlamassel doch noch ein Star. Zwar nur im RTL-Dschungelcamp, aber dort haben sich bisher ja auch nicht unbedingt jene getummelt, die man freiwillig in seine Freundes- oder Bekanntenliste einpflegen würde. Mit Krause finden sich zum Ungezieferstreicheln und Schlammduschen so renommierte Gestalten des öffentlichen Lebens wie Ex-Profiboxer Sven Ottke (52) und der „Gute-Zeiten-Schlechte-Zeiten“-Schauspieler Raúl Richter (32) zusammen. Praktischerweise unternimmt der Sender auch die Resteverwertung aus hauseigenen Containern: Aus der RTL-Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ sind im Dschungel Prince Damien (29) und Toni Trips (22) dabei sowie „Temptation Island“-Teilnehmerin Anastasiya Avilova (31) und Elena Miras (29) – bekannt aus „Das Sommerhaus der Stars“ und „Love Island“. Auch der „Bachelor in Paradise“ Marco Cerullo (31) und Markus Reinecke (50, „Die Superhändler – 4 Räume, 1 Deal“) wirken bei der 14. Staffel mit. Die alle kann Herr Krause gegebenenfalls mit seinem Klavierspiel bei Laune halten, falls die sich (was ja immer mal wieder vorkommt) an die Gurgel gehen. Auch Schauspielerin Sonja Kirchberger (55, „Die Venusfalle“) ist mit von der Partie. Wenigstens sie weiß, worauf sie sich einlässt: „Die Menschen reden immer von den Dschungelprüfungen. Die eigentliche Herausforderung sind die anderen, die man nicht kennt. Auf was man sich da einlässt, auf so engem Raum, finde ich die absolut schwierigste Dschungelprüfung überhaupt.“ Ab 10. Januar können sich die Zuschauer einen Eindruck davon verschaffen, wie es zwischen Schlingpflanzen und Natterngezücht (also jetzt die echten Giftschlangen) zugeht.

Gibt‘s denn auch noch was wirklich Kulturelles in dieser Rubrik? Aber hoppla! Schauen wir nach Hamburg. Mit „Goya, Fragonard, Tiepolo. Die Freiheit der Malerei“ widmet sich die Kunsthalle dem 18. Jahrhundert, das als Blüte- und Umbruchszeit der europäischen Kunst gilt. Zu ihren berühmten Vertretern gehören so unterschiedliche Persönlichkeiten wie Francisco José de Goya y Lucientes (1746–1828), den alle nur Goya nennen, Jean-Honoré Fragonard (1732–1806) und Giovanni Battista Tiepolo (1696–1770).

Die Präsentation versammelt rund 100 bedeutende Gemälde und Grafiken aus wichtigen nationalen und internationalen Museen. Der Besucher kann sich auf vielfältige Eindrücke gefasst machen: So stehen einer auf den ersten Blick konventionellen Malweise kühne Bildfindungen gegenüber, trifft Atmosphärisch-Ideales auf Unheimlich-Groteskes, zeigt sich die Vorliebe für das Theater und Theatrales in einem Spiel von Reflexion und Illusion. Die Künstler leiteten somit  bereits Mitte des 18. Jahrhunderts einen Stilwandel ein und stellten mit ihrer innovativen Formensprache die Weichen für den Weg in die Moderne, bevor mit der Französischen Revolution ab 1789 endgültig der radikale Umbruch vollzogen wurde. Die Schau ist der krönende Höhepunkt, mit dem die Kunsthalle noch ein bisschen ihren eigenen Geburtstag feiert: Im Jubiläumsjahr 2019 ist der Musentempel 150 Jahre alt geworden. Die Ausstellung ist bis zum 13. April zu sehen. no/dpa

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