FDP Bleibt alles anders

Mainz · Wirtschaftsminister Volker Wissing wird als Generalsekretär nach Berlin wechseln – und die FDP in Rheinland-Pfalz trotzdem prägen.

 Liberale Generationen auf einem Bild: Der rheinland-pfälzische FDP-Ehrenvorsitzende Rainer Brüderle (rechts), Landeschef und Wirtschaftsminister Volker Wissing (Mitte) und Daniela Schmitt, die Spitzenkandidatin werden soll.

Liberale Generationen auf einem Bild: Der rheinland-pfälzische FDP-Ehrenvorsitzende Rainer Brüderle (rechts), Landeschef und Wirtschaftsminister Volker Wissing (Mitte) und Daniela Schmitt, die Spitzenkandidatin werden soll.

Foto: picture alliance / dpa/Andreas Arnold

Volker Wissing war seit 2016 die prägendste Figur der FDP Rheinland-Pfalz. Nun wird er Generalsekretär der Bundespartei. Kurz vorm Superwahljahr 2020. Welche Auswirkungen hat der Schritt auf Rheinland-Pfalz in Landesregierung und Partei? Die kurze Antwort lautet – frei nach Herbert Grönemeyer: Es bleibt alles anders.

Faktor Arbeitsbelastung: Wird Wissing wirklich ein Minister, „der nicht da ist“, wie es CDU-Landesgeneralsekretär Gerd Schreiner formulierte? Es ist im Kern die Frage nach der Arbeitsbelastung. Auch der Trierer Politologe Uwe Jung sieht einen starken Generalsekretär Wissing oft in Berlin und nicht in Mainz.

Doch ändert sich wirklich so viel? Wissing fliegt ohnehin mindestens einmal pro Woche nach Berlin, braucht dazu nur seinen Wohnungsschlüssel, kein Gepäck. Überspitzt: Aus Landau kommt man schneller nach Berlin, als nach Friesenhagen im Westerwald. Geht es auf Bundesparteitagen um Fragen der Steuer- oder Finanzpolitik spricht: Volker Wissing. Er ist Mitglied der Programmkommission und wird sie künftig leiten. Interessant: Seit Kurzem ist auch seine Staatssekretärin Daniela Schmitt mit von der Partie. Wissing selbst erklärt außerdem: „Es ist ein ganz normaler Vorgang, dass Regierungsmitglieder auch hohe Parteiämter innehaben.“

Von der Hand zu weisen ist das nicht: Olaf Scholz (SPD) bleibt als Kanzlerkandidat ganz selbstverständlich Finanzminister. Armin Laschet (CDU) und Markus Söder (CSU) würden wohl kaum als Ministerpräsident zurücktreten, sobald der Wahlkampf startet. Und der Job des Generalsekretärs der FDP ist durchaus mit der eines Spitzenkandidaten zu vergleichen: Im Gegensatz zu CDU und SPD ist Wissing als FDP-General nicht für die personelle Führung der Parteizentrale zuständig. Die FDP verfügt traditionell über einen starken Bundesgeschäftsführer. Michael Zimmermann wird auch weiterhin das Hans-Dietrich-Genscher-Haus führen.

Besetzen muss er allerdings den Job des Büroleiters in Berlin. Der Vorgänger hatte zuletzt entnervt hingeworfen. Wissing kann sich darüber hinaus auf politische Inhalte konzentrieren. In zentralen Bereichen der FDP-Bundes- und Wahlkampfprogrammatik (Steuern- und Finanzen) hat er sie auch in den vergangenen Jahren bereits mitbestimmt. Der Minister, der „nicht da ist“, ist also mehr Wunsch der Opposition als Realität.

Faktor Wahlkampf: An der FDP-Basis wird Wissings neue Doppelfunktion zwiespältig betrachtet. Es gibt eine Fraktion, die klar sagt: Die FDP wird angreifbar – und zwar mit dem oben ausführlich diskutierten Argument(chen). Mehrere Kreisvorsitzende hingegen betonten, man habe auch im Landtagswahlkampf 2016 nur als Team funktioniert. „Die Rückkehr der FDP in die Parlamente hat nur über alle Länder funktioniert“, sagt ein Wahlkämpfer. Nordrhein-Westfalen warben in Rheinland-Pfalz. Der Landesverband schickte Hilfe in den Norden und Süden.

Auch Wissing betonte häufig seine Sicht auf die FDP als Ganzes. Geprägt ist das von der Wahl 2011. Damals – so die interne Analyse – stolperte Spitzenkandidat Herbert Mertin nicht so sehr über eigene Fehler, wie ihm Knüppel aus Berlin den Zweireiher zerknitterten. Demnach dürfte Wissings Kalkül aussehen: Er hat als Generalsekretär auf Bundesebene das Schicksal der FDP Rheinland-Pfalz mehr in der Hand, als als einfacher Spitzenkandidat. Das hat den – fast schon kuriosen – Effekt, dass Wissing Rheinland-Pfalz verlässt und gleichzeitig die wichtigste Figur für die Landespartei bleibt.

Faktor Nachfolge: Diese Rechnung geht aber nur auf, weil auch die Nachfolge – zumindest in der Binnensicht – klar geregelt ist. Daniela Schmitt wird die FDP als Spitzenkandidatin in die Landtagswahl führen. Wissing kandidiert für den Bund. Die Zustimmung des Parteitags gilt als sicher. Selbst scharfe Kritiker des Wirtschaftsministers äußern sich positiv über die Staatssekretärin. An der Basis gibt es aber Stimmen, die gern den direkten Amtswechsel gesehen hätten.

Das hätte den Charme gehabt, Schmitt eine große Bühne zu bieten.

Das Gegenargument: Wissing würde damit auch im Land ein

Personalkarussell ins Rotieren bringen– mit zwei Konsequenzen: Statt im Wahlkampfjahr Herzensprojekte wie das Konjunkturpaket mit Digi-Bonus und Start-up-Fonds durchzusetzen, müsste ein Staatssekretär her. Der wiederum würde kurz vor der Listenaufstellung das fein austarierte Machtgefüge innerhalb der Partei durcheinanderwirbeln.

Wissing hätte das, was man im Bund der FDP vorwirft: Personaldebatten statt inhaltlichem Streit.

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