Nachruf Ex-Schiedsrichter Franz-Josef Hontheim aus Trier gestorben

Trier · Als 23. Mann war er einst spitze: Ex-Bundesligaschiedsrichter Franz-Josef Hontheim ist im Alter von 81 Jahren gestorben.            Frühere Wegbegleiter erinnern sich an legendäre Fahrten, bei denen öfters mal die Musikkassette gewechselt werden musste.

  Umfangreich war das Archiv von Franz-Josef Hontheim, das ihn auch an zahlreiche Begegnungen mit den damaligen Bundesligastars wie hier mit Bayern Münchens Paul Breitner erinnerte.

Umfangreich war das Archiv von Franz-Josef Hontheim, das ihn auch an zahlreiche Begegnungen mit den damaligen Bundesligastars wie hier mit Bayern Münchens Paul Breitner erinnerte.

Foto: Jürgen C Braun

Mehr als 16 Jahre lang hatte Trier durch ihn einen festen Platz in der Bundesliga und war sogar international vertreten: Franz-Josef Hontheim leitete von 1970 an 84 Spiele im Fußball-Oberhaus.  Später war er Schiedsrichterbetreuer bei Eintracht Trier, Schatzmeister des Fußball-Regionalverbands Südwest und hielt seinem Stammverein Spielvereinigung Trier die Treue – bis zuletzt. Wie erst gestern bekannt wurde, verstarb Hontheim am vergangenen Montag im Alter von 81 Jahren.

Ruhe und auch Besonnenheit: Das waren Eigenschaften, die ihn während seiner aktiven Zeit auszeichneten. 1983 wurde Hontheim vom Deutschen Fußball-Bund zum Schiedsrichter des Jahres ausgezeichnet und erhielt dafür die insgesamt nur achtmal vergebene Goldene Pfeife.  Durch seinen Job bei der Deutschen Bank, wo er es bis zum Prokuristen brachte, galt er von je her als kundenorientiert. „Diese Haltung habe ich auch auf den Fußballplatz übertragen. Eigentlich kam ich so mit allen klar“, erinnerte sich Hontheim im vergangenen Jahr im Gespräch mit dem TV kurz vor seinem 80. Geburtstag.

Als „Teamplayer, der sich akribisch auf seine Partien vorbereitete, nach dem Spiel bei einer guten Zigarre aber auch ganz der Genießer  sein konnte“, beschreibt Hans-Peter Dellwing den Verstorbenen. Der heutige Trier-Saarburger Kreisvorsitzende assistierte Hontheim zunächst an der Seitenlinie, ehe er selbst jahrelang Partien in der Bundesliga und auf europäischer Ebene pfiff. Legendär waren in den siebziger Jahren die Autofahrten zu Bundesligaeinsätzen – mit Hontheim am Steuer, daneben der Konzer Günter Wilhelmi und auf dem Rücksitz mit Dellwing der zweite Assistent. Über die Musikauswahl entbrannte  zwischen dem auf die amerikanische Soul-Legende  Percy Sledge stehenden Hontheim und dem der Blasmusik zugewandten Wilhelmi oft eine heiße Diskussion. „Meistens haben wir uns dann darauf geeinigt, etwa bei der Hälfte der Fahrt die Kassette zu wechseln“, erinnert sich Wilhelmi.

Hontheim galt auch auf dem Platz als kooperativ und bewies Fingerspitzengefühl. Das war besonders am 1. Mai 1984 gefragt. Der Trierer pfiff auf dem legendären Gladbacher Bökelberg das DFB-Pokal-Halbfinalspiel zwischen der Borussia und Werder Bremen. Mitte der zweiten Hälfte flog ein Gegenstand aufs Spielfeld, aus dem Tränengas entwich.  Akteure brachen zusammen.  Mönchengladbach-Verteidiger Michael Frontzeck rempelte im Getümmel den auf den Platz geeilten Bremer Coach Otto Rehhagel an. Die Partie war unterbrochen, die Situation drohte zu eskalieren. Hontheim bewies aber kühlen Kopf, brachte die Lage unter Kontrolle. Am Ende siegte die Borussia mit 5:4 nach Verlängerung.

Zur Schiedsrichterei kam der Weinliebhaber mit einem Faible für feinherben Riesling eher notgedrungen. Als die Spielvereinigung Trier kurz nach ihrer Gründung 1958 Schiedsrichter stellen musste, erklärte er sich bereit, die Prüfung abzulegen. Bereits mit 32 Jahren pfiff Hontheim Bundesliga – für damalige Verhältnisse sehr früh. International war er Assistent. Besonders gerne erinnerte sich der leidenschaftliche Musikfan im Rahmen eines Spiels mit Beteiligung des Londoner Clubs FC Watford an eine Begegnung mit dem damaligen Club-Besitzer Elton John in der Royal Albert Hall.

Allerhand konnte er so seiner Frau Traudel und seinen Kindern Jutta und Michael erzählen, wenn er mal wieder von einem Spiel zurückkehrte in die Bornewasserstraße auf der Trierer Weismark. Zart besaitet durfte er nicht sein:  Mal musste Hontheim mit Polizeischutz aus dem Frankfurter Wald­stadion geleitet werden, mal erhielt er Morddrohungen. Mit Souveränität und seiner so positiven Ausstrahlung überstand er aber auch schwierige Phasen.

„Er war ein toller Kamerad, auf den man sich immer verlassen konnte.“ So wie Hans-Peter Dellwing werden ihn viele Fußballgrößen in Erinnerung behalten.

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