Marathon - Sterben ist eine schlechte Alternative

Was die Formel 1 für den Motorsport, ist der Marathon für Läufer. Von der großen Geschichte der Königsdisziplin und den unmittelbaren Bezug zur Gegenwart erzählt TV-Laufkolumnist Rainer Neubert

 Berlin-Marathon 2010 Erstes Luft holen nach dem Zieleinlauf

Berlin-Marathon 2010 Erstes Luft holen nach dem Zieleinlauf

Foto: Rainer Neubert

Wenn Pheidippides einst bei seinem Lauf von Marathon nach Athen geahnt hätte, was er damit in Gang setzt. Vielleicht wäre er dann nicht nach dem Zieleinlauf verschieden, sondern hätte den Hauch der Geschichte genossen.

Seit dem Jahr 490 vor Christi ist viel passiert. Pheidippides\' tragisches Ende nach dem Überbringen der Nachricht vom Sieg über die Perser ist die Mutter aller Legenden von den Leiden eines Marathonläufers. Dass die kürzeste Entfernung von Marathon zur Hauptstadt Griechenlands, die der rennende Bote damals bewältigen musste, "nur" 35 Kilometer betragen haben kann, ist eine andere Geschichte. Und auch der erste Olympiasieger über die längste aller Laufstrecken war bereits nach etwa 40 Kilometern im Ziel.

Spiridon Louis erging es 1896 allerdings auf der Strecke wesentlich besser als seinem historischen Vorbild. Die Bedeutung der ausreichenden Versorgung mit Flüssigkeit und Nährstoffen war ihm damals bereits bekannt. Zweimal soll Louis sich auf der Strecke sogar regelrechten Trinkgelagen hingegeben haben, bevor er bekränzt wurde. Der Marathon galt fortan als Königsdisziplin der Leichtathleten und wurde fast auf den Tag genau vor 90 Jahren, am 27. Mai 1921, auf die bis heute gültige Distanz von 42 Kilometern und 195 Metern festgelegt.

Mit einer Zeit von 2:03:59 Stunden hält der Äthiopier Haile Gebrselassie seit 2008 den Weltrekord. Eine Fabelzeit, die von einem der Weltklasseläufer aus Afrika demnächst sicher unterboten wird, während in Europa als Spitzenläufer gilt, wer unter 2:20 Stunden bleibt. Das könnte in nicht zu langer Zeit Florian "Flo" Neuschwander schaffen, der für den Post-Sportverein Trier startet. Bei den deutschen Meisterschaften in Hamburg schaffte es der 29-Jährige am Sonntag mit einer Zeit von 2:24:11 Stunden auf Platz drei. Eine Woche davor hatte es der einzige Aktive des Trierer Stadtlauf e.V., Dietmar Bier, in Mainz auf beachtliche 2:31:38 Stunden gebracht und war damit der beste weiße Läufer und Sieger seiner Alterswertung (M40).

Und was ist mit uns Hobbyläufern? Wenn ich eine Stunde langsamer wäre als Bier, dürfte ich über eine deutliche persönliche Bestzeit jubeln. Mal sehen, ob das am Samstag in Stockholm klappt, oder ob ich mich eher wie der alte Pheidippides fühlen werde … Egal, Hauptsache der Vulkan in Island vermasselt nicht den Start.

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