TV-Archiv Gutes Obst braucht viel Pflege

Region · Die Bewirtschaftung von Streuobstwiesen ist aufwändig – die Einnahmen können da oft nicht mithalten.

 Hochstammobstbäume am Ortsrand von Esch bei Wittlich.

Hochstammobstbäume am Ortsrand von Esch bei Wittlich.

Foto: Christina Bents

Der Schutz der Streubstwiesen ist in der Region Trier kein neues, aber immer noch sehr aktuelles Thema. Schon 1997 hat sich der Verein Bitz, Streuobstinitiative Hunsrück e.V. gegründet. Der Verein ist davon überzeugt, dass die Sicherung der Streuobstwiesen nur durch deren Pflege erreicht werden kann. Dabei wird das Grünland mit einbezogen. Anbaurichtlinien und Verträge regeln die Bewirtschaftung. Die geernteten Äpfel werden gekeltert und als „Bitz Apfelsaft“ angeboten. Baumschnittkurse bietet der Verein ebenfalls an. Die aktuelle Situation bei den Streuobstwiesen sieht das langjährige Vorstandsmitglied Dieter Sonne aus Veldenz kritisch. Er sagt: „Viele reden über Streuobstwiesen, aber zu wenige tun tatsächlich etwas.“ Er meint, dass es mehr Flächen geworden sind, durch Ausgleichsflächen auf denen Bäume gesetzt wurden. „Viele dieser Flächen sind aber mangelhaft gepflegt, genauso wie viele Altbestände.“ Durch eine Verbesserung des Marketings und der Werbung will der Verein einen Mehrwert für die Streuobstwiesenprodukte erzielen. Von alten Obstsorten will man sortenreine Säfte, Weine und Brände erzeugen.

Der Nabu Region Trier geht davon aus, dass in den nächsten Jahren die meisten großen Streuobstbestände komplett verschwinden, da die alten Bäume nicht gepflegt werden und unter extremen Misteldruck leiden, außerdem keine neuen Bäume nachgepflanzt werden. Doch es gibt Lichtblicke: „Erfreulich ist, dass grundsätzlich das Interesse an regionalen, hochwertigen Lebensmitteln und nachhaltigen Produkten steigt. Auch der Erhalt der Natur wird vielen Menschen zusehens wichtiger“ so Corinna Albert vom Nabu. Vor zehn Jahren hat der Nabu Region Trier ein „Aufpreisvermarktungsprojekt“ gestartet. Streuobstwiesenbesitzer, die ihre Wiese bewirtschaften, erhalten für ihr Obst vom Nabu einen wesentlich höheren, faireren Preis als den Marktpreis. Viele Streuobstwiesen werden von regionalen Gruppen gekauft, gepachtet, gepflegt und beerntet. Dabei werden die Bäume regelmäßig geschnitten und von Misteln befreit, Jungbäume nachgepflanzt, das Grünland gepflegt und keine chemisch-synthetischen Spritz- oder Düngemittel verwendet. Kurze Wege zur Kelterei und in die Geschäfte sparen CO2 ein.

Rudi Müller aus Pluwig, der Streuobst zu Viez verarbeitet, ist mit den Experten einer Meinung, dass die Flächen aufgrund mangelnder Pflege weniger werden. Er weiß wieviel Arbeit es ist, die Bäume zu erhalten, denn er hat selbst einige. Erbachhofer, Hilde, Boskop und der Bohnapfel stehen auf seinen Wiesen. Der Viezkonsum steigt aus seiner Erfahrung in der Region. „Das wird immer mehr“, sagt er.

Im Nabu Wittlich sieht man ebenfalls die mangelnde Pflege der Altbestände, die wertvoll sind für die Höhlenbrüter, wie Kurt Valerius erklärt. Seit 35 Jahren engagiert sich der Nabu WIttlich schon im Bereich der Streuobstwiesen, einige davon sind Ausgleichsflächen. „Es ist immer ein schönes Familienerlebnis, wenn gemeinsam geerntet wird und man nach dem Keltern Apfelsaft von den eigenen Äpfeln trinkt. 1500 bis 2500 Liter Apfelsaft werden im Jahr so in Wittlich hergestellt. Ein Netzwerk Streuobstwiesen gibt es zudem in der Kreisstadt, indem neben Naturschutzverbänden, auch Imker, Streuobstpächter, die Viezbrüder Wengerohr, die Verwaltung und Vermarkter gemeinsam wirken.

In Hetzerath kann man in den nächsten Jahren mit Obst rechnen. Im März 2017 hat der Verein Projektwerkstatt Zukunft hier 30 Bäume gepflanzt. Vereinzelt tragen sie schon Früchte. Etwa die Hälfte sind Apfelbäume. Zudem wurden Birn-, Kirsch-, Mirabellen-, und Zwetschgenbäume gesetzt. Alle Bäume haben Paten, die auf einem Schild am Baum benannt sind. Gemeinsame Aktionen wie Baumschnittkurse, Mulch ausbringen, ein Insektenhotel aufstellen sorgen zudem für Gemeinschaftserlebnisse. Vorstandsmitglied Ilse Preiss berichtet: „Wir können uns auch gemeinsame Ernteaktionen oder eine Blütenwanderung vorstellen.“

 Zwetschgen werden neben Äpfeln, Birnen und Kirschen auf Streuobstwiesen gerne angebaut.

Zwetschgen werden neben Äpfeln, Birnen und Kirschen auf Streuobstwiesen gerne angebaut.

Foto: Christina Bents
 Bei manchen Streuobstwiesen werden Baumpatenschaften übernommen. Hier sind Lukas und Paul die Paten.

Bei manchen Streuobstwiesen werden Baumpatenschaften übernommen. Hier sind Lukas und Paul die Paten.

Foto: Christina Bents
 Ein typischer Viezapfelbaum auf einer Wiese zwischen Osann-Monzel und Platten.

Ein typischer Viezapfelbaum auf einer Wiese zwischen Osann-Monzel und Platten.

Foto: Christina Bents
 Blumen, die unter den Bäumen einer Streuobstwiese wachsen. Hier ist Lebensraum für viele Insekten.

Blumen, die unter den Bäumen einer Streuobstwiese wachsen. Hier ist Lebensraum für viele Insekten.

Foto: Christina Bents
  Ein großes Insektenhotel bietet zusätzlichen Lebensraum für die Bewohner der Wiese.

Ein großes Insektenhotel bietet zusätzlichen Lebensraum für die Bewohner der Wiese.

Foto: Christina Bents
 Eine Obstwiese in Schweich.

Eine Obstwiese in Schweich.

Foto: Rita Marmann
 Bei einer solchen Ernte freut sich das Schnapsbrennerherz. Hier Alfons Marmann, der mit der gesamten Familie und weiteren Helfern Äpfel aufgesammelt hat.

Bei einer solchen Ernte freut sich das Schnapsbrennerherz. Hier Alfons Marmann, der mit der gesamten Familie und weiteren Helfern Äpfel aufgesammelt hat.

Foto: Rita Marmann

Ein Streuobstbüro gibt es für die Naturparke Nord- und Südeifel, die von der Luxemburger Grenze über Bollendorf, Bitburg, Prüm bis hin zur belgischen Grenze verlaufen. Für Holger Tülp, der dieses Büro leitet, gehören Streuobstwiesen zu den artenreichsten Biotopen, die ein Bindeglied zwischen Natur und Kultur. Tiere können hier weiden, für Imker sind die Flächen wegen der Artenvielfalt ebenfalls interessant.
Im Eifelkreis Bitburg-Prüm sind die Streuobstwiesen trotzdem in Gefahr, von 500 000 Bäumen in den 50er Jahren sind es heute noch zwischen 150 000 und 200 000. „Die Wertschätzung für die Früchte hat abgenommen“, meint er. Interessensgemeinschaften sollen helfen, ein regelmäßiger Stammtisch oder eine Onlineplattform, bei der sich beispielsweise Schäfer melden können, die Weideland für ihre Tiere suchen.

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