Leitartikel: Zum Kampf gegen das Coronavirus Berlin ist raus – und das ist richtig so

Schon vor dem Treffen war klar: Die Länder wollen vom Bund in der Corona-Krise mehr Entscheidungsfreiheit. Und sie haben sich durchgesetzt: Es gibt etwa bei der Frage nach der Notbremse bei Neuninfektionen eine einheitlich definierte Grenze bei steigenden Zahlen.

 Chefredakteur Thomas Roth

Chefredakteur Thomas Roth

Foto: TV/Friedemann Vetter

Wichtig ist aber, dass die Länder vor Ort entscheiden, was dann notwendig ist.

Und bei allem Jammern über einen Flickenteppich: Hier ist Differenzierung genau richtig. Es ist etwa ein Unterschied, ob es einen Ausbruch in einem Heim oder einer Klinik gibt oder in einem ganzen Kreis. Und dafür ist der Blick vor Ort entscheidend, nicht der aus Berlin. Wie vernebelt dieser sein kann, zeigt sich zurzeit in unserer Region. Warum die Grenze nach Luxemburg noch faktisch geschlossen ist und Pendler kontrolliert werden, lässt sich nur damit erklären, dass das Innenministerium die Zahlen nicht kennt und die positiven Entwicklungen nicht berücksichtigt. Denn längst gibt es in unserem Nachbarland ähnlich wenige aktuell Infizierte wie in Deutschland.

Differenziert wird das Vorgehen auch bei der Gastronomie sein. In Rheinland-Pfalz dürfen etwa Restaurants ab 13. Mai wieder öffnen. Eine der Einschränkungen dabei: Kontakte müssen verfolgbar sein. Heißt: Ab sofort müssen wir uns fürs Essen persönlich anmelden. Es wird spannend werden, wie das umgesetzt wird. Und ganz offen: Es ist zweifelhaft, ob das rechtlich lange Bestand haben wird. Es ist ein Hilfsmechanismus, wenn Wirte Adressen notieren müssen. Und es zeigt sich an dieser Stelle ebenfalls noch einmal eines: Die Hilfe aus Berlin bleibt aus. Denn die seit März versprochene App, die Bürgerinnen und Bürgern anzeigen soll, ob sie lange in der Nähe eines Infizierten waren, gibt es immer noch nicht. Noch ist nicht einmal ein festes Datum bekannt, ab wann sie bereitstehen soll.

Die Zahlen der Infizierten gehen immer weiter nach unten. In der gesamten Region Trier gab es etwa am Mittwochabend noch 80 aktuell Infizierte. Und dennoch: Noch werden immer wieder vereinzelt neue Fälle gemeldet. Wachsamkeit ist weiter angesagt. Ebenso sollten aber auch weitere Lockerungen vor Ort zumindest geplant werden, etwa mit Blick auf die Kulturszene. Seit gestern ist der Weg in diese Richtung vorgegeben – und es ist der richtige.

Der richtige Weg ist es auch, die Kontaktbeschränkungen zu lockern, obwohl dies noch zurückhaltend erfolgt. Und: Die Frage, wen aus welchem Haushalt darf ich jetzt wie und wann treffen, werden wir alle für uns unterschiedlich interpretieren, egal wie strikt und genau die Vorgaben sein werden. Ehrlicherweise haben die Kontakte übrigens schon seit Ostern wieder zugenommen. Dies zeigen nicht nur Bewegungsdaten der Handys, sondern ebenso Umfragen. Nun wird sich zeigen, wie wir diesen wichtigen nächsten Schritt im Kampf gegen das Coronavirus gehen. Es ist ebenso wie bei den oben genannten Themen. Es wird sich vor Ort entscheiden, wie erfolgreich wir sind. Und es gilt weiter wie schon zu Beginn der Einschränkungen im März. Es geht nur gemeinsam.

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