Katholische Kirche Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende

Zu den Artikeln „,Wir sind nicht gescheitert!’“ (TV vom 19. Juni) und „Enttäuscht, schockiert oder erleichtert“ (TV vom 22. Juni) sowie weiteren Beiträgen über den Trierer Bischof Ackermann und die Bistumsreform schreiben Maria Rommelspacher, Michael Koch, Ann-Cathrin Wagner und Hermann Josef Groß:

Die Informationen, die man in den letzten Tagen erhalten hat, waren enttäuschend und ernüchternd. Wie groß und hoffnungsvoll waren die Erwartungen an die Neugestaltung/Reform des Bistums. Wie mutig, aber auch notwendig, einen solch radikalen Schritt zu gehen.

Mein Berufsumfeld ist im kirchlichen Bereich, ich habe mit vielen Ehrenamtlichen und Gläubigen zu tun. Ein Großteil dieser Gemeindemitglieder ist mit der jetzigen verkrusteten Situation nicht mehr einverstanden, geradezu verärgert, besonders über die Stellung und Macht des Priesters.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Anhänger der Priesterbruderschaft Unio Apostolica und Harald Cronauer, Sprecher der bistumskritischen Initiative Kirchengemeinde, für eine Mehrheit der Gläubigen sprechen. Jeder Katholik bezahlt durch seine Kirchensteuern das gute Gehalt des Priesters, und genau diese Personen sollen nur beratend zur Seite stehen dürfen – die Entscheidung liegt in der Hand des Priesters. Was für ein Armutszeugnis, dass einige Priester immer noch diese Machtposition für sich in Anspruch nehmen wollen, wo bleibt da unsere Demokratie?!

Alle, die in der „heutigen Zeit“ angekommen sind, wissen, dass dies der Untergang der Amtskirche ist.

Maria Rommelspacher, Trier

„Da haben wir den Salat!“, lieber Bischof Stephan Ackermann, oder soll ich besser sagen „da haben Sie den Salat!“, nachdem aus Rom das Veto gegen die Bistumsreform und zu der Errichtung der Pfarreien der Zukunft (PdZ) kam. Ich sage „wir“, denn als engagiertes Mitglied in kirchlichen Gremien habe ich mich mit anderen in vielen Sitzungen mit der Neuerrichtung der „Großpfarrei“ auseinandergesetzt. Ich habe Dutzende Mails erhalten, Broschüren, in denen die Neugliederung dargestellt wurde – viel Papier, das jetzt in der Verwertungstonne landet. Nicht zu denken an die Unsummen von Kirchensteuergeldern, die dafür aufgebracht wurden.

Als ich zum ersten Mal davon hörte, dass es nur noch 35 statt wie von der Synode vorgeschlagen 65 Pfarreien geben sollte, war ich sehr enttäuscht, dass der Bischof den Vorschlag der Synodalen einfach übergangen und eigenmächtig entschieden hat. Und meine Enttäuschung habe ich auch geäußert.

Eine Strukturveränderung muss kommen, zumal die Anzahl der Priester in den kommenden fünf Jahren enorm zurückgehen wird, wenn man die Altersstruktur der jetzigen Gemeindepriester betrachtet. Und so haben wir in unserer Pfarrgemeinde Bengel und der Pfarreiengemeinschaft Alftal in den letzten zwei Jahren unzählige Sitzungen anberaumt, diskutiert und analysiert, Formulare ausgefüllt, Menschen für die neuen Gremien gesucht und immer bedacht: Wie vermitteln wir den Menschen diese neue Struktur, wie bringen wir uns in die neue Großpfarrei ein und wie werden wir in unseren Pfarrgemeinden, nach dieser Strukturreform, das kirchliche Leben und die kirchlichen Gruppen weiterhin lebendig erhalten? Die Mehrheit der Menschen unserer Pfarrgemeinden hat sich mit dem neuen, großen Gebilde der PdZ Wittlich arrangiert.

Alle, die sich jahrelang für die Reform eingesetzt und viel Zeit investiert haben, müssen sich jetzt fragen: Warum kam das so? Hat der Bischof zu früh mit der Installierung der PdZ begonnen, und wäre es nicht klüger gewesen, das im Vorfeld mit Rom abzustimmen? Wir wissen ja alle von den vielen „traditionalistisch denkenden, unbeweglichen“ Kurienkardinälen, die immer noch eine große Macht haben und gegen die der Papst nur schwer ankommt. Sicherlich wird nicht der Zuschnitt der neuen Pfarreien der Grund der Ablehnung sein, sondern der Vorstoß, das Leitungsteam mit zwei Laien neben dem Pfarrer zu besetzen. Man sieht die Position des Pfarrers untergraben. Dies wäre eine sehr gute Sache gewesen und ein besonderes Zeichen für alle Laien in der Kirche, zumal sich dann der Pfarrer auch mehr um die „Seelsorge“ kümmern könnte, was vielen Priestern abhandengekommen ist. Sie sind mehr „Kirchenmanager“, verstecken sich hinter der Verwaltungsarbeit.

Wenn Jesus heute leben würde, er würde gegen diese Machtstruktur der Kirche rebellieren. Er sah immer zuerst die Menschen.

Michael Koch, Springiersbach

Der Bischof übernimmt Verantwortung!? Für einen kurzen Moment konnte man während der peinlichen Pressekonferenz der Herren Ackermann und Plettenberg am 20. Juni aufatmen. Leider nur für einen kurzen Moment, danach wurde man wieder wie gewohnt enttäuscht. Es war der Moment, als Bischof Ackermann sagte: „Ich übernehme Verantwortung!“

Für einen Augenblick hatten wir – eine kleine Gruppe junger Christen, die trotz aller Widrigkeiten aus Trier noch an der Kirche festhalten – die Hoffnung, dass der Bischof den Weg für einen personellen Neuanfang frei macht. So kann es doch wirklich nicht weitergehen.

Der Bischof und seine Getreuen sind krachend gescheitert, von der sogenannten Synode ist nichts übrig geblieben. Dennoch ist aus Trier nichts anderes zu hören als ein trotziges „Weiter so!“. Nachdem sein Generalvikar, der noch nicht einmal rhetorisch den Fragen der Reporter gewachsen war (vom Inhalt ganz zu schweigen) keine Konsequenzen zieht und sein Amt nicht mit sofortiger Wirkung zur Verfügung stellt, verkündet der Bischof vollmundig: „Ich übernehme Verantwortung!“ Er führt danach aus, was das für ihn bedeutet: Er akzeptiert Rom (wie demütig!), er stellt sich der Situation (was bleibt ihm anderes übrig?) und er stellt sich den Fragen (die er nicht beantwortet!).

Welche Art von Verantwortungsübernahme wäre aber hier angebracht? Entweder übernimmt er den finanziellen Schaden und bezahlt die mutmaßlich Millionen Euro Kirchensteuermittel, die synodal in den Wind gestoßen wurden, aus eigener Tasche, oder er bittet den Papst um Entpflichtung. Mit Letzterem würde er der Diözese und sich selbst den höchsten „Hirtendienst“ erweisen. Er hat sein Bistum gespalten, er hat nachweislich diese Situation kommen sehen und sie nicht zu verhindern versucht, und er ist selbst total überfordert. Der Erneuerung der Kirche und der Wiederbelebung des Glaubens hat er einen Bärendienst erwiesen.

Nachdem er dann noch in der Pressekonferenz haarsträubende Vergleiche mit den freikirchlichen Gemeinschaften zieht, um sie zehn Minuten später wieder zu revidieren, ist jedem klar: Dieser Mann hat nichts mehr im Griff! Lieber Bischof Stephan, mit 57 Jahren ist es für einen beruflichen und bischöflichen Neuanfang nicht zu spät. Erweisen sie sich einmal als unser Hirte und geben Sie den Hirtenstab ab! Mit dem preußischen Major Ferdinand von Schill, der 1809 eine Erhebung gegen Napoleon I. auslösen wollte, rufen wir Ihnen zu: „Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende!“

Ann-Cathrin Wagner, Saarlouis

Zum Leserbrief „Kolossale Fehlplanung“ (TV vom 27./28. Juni):

Der Leserbriefschreiber hat seinen Gefühlen freien Lauf gelassen. Leider hatte er etwas Pech beim Denken. Einen Schuldigen finden und einfach draufhauen, das ist billig und unangemessen.

Die katholische Kirche hat mehrere große Krisenpunkte zur gleichen Zeit auf dem Tisch liegen (Rückgang der Mitgliederzahlen und zurückgehende Kirchenbindung, Vertrauenskrise insbesondere durch die schrecklichen Missbrauchsfälle, drohende Finanzkrise, interner Richtungsstreit und Kontroversen um die Richtung und Zuschnitt des weiteren Vorgehens). Jede vernünftige Organisation strebt vor einem solchen Hintergrund nach grundlegenden Veränderungen in Inhalt und Form. Jetzt für das Bistum Trier Bischof Stephan Ackermann zum Sündenbock zu machen, weil römische Behörden gegen die geplante Strukturreform interveniert haben, verkennt die wesentlichen Zusammenhänge der Situation.

1. Die mutigen Reformen der Trierer Synode beziehen sich in erster Linie auf inhaltliche Anliegen (zum Beispiel stärkere missionarische und diakonische Ausrichtung kirchlicher Aktivitäten) und erst in zweiter Linie auf strukturelle Veränderungen, auch wenn die Strukturreform auf übereinstimmendes Anraten der Räte vorgezogen wurde.

2. Die römische Intervention richtet sich – oberflächlich gesehen – gegen die Trierer Pläne, weil Trier als erstes Bistum konkrete Pläne für grundlegende Strukturveränderungen auf den Tisch gelegt hat, meint jedoch im Kern als Adressaten alle deutschen Bistümer, die ähnliche Reformpläne im Sinn haben (etwa die Erzdiözese Freiburg).

3. Wenn die Strukturreform im Bistum Trier nicht jetzt in einem großen mutigen Schritt verwirklicht werden kann, kommt sie in kleinen Schritten auf viele Jahre verteilt. Dieser Weg ist aufwändiger und teurer. Andere Diözesen sind auf vergleichbaren Wegen in die gleichen Richtung unterwegs wie Trier. Aktuell weitgreifende und wuchtige Reformschritte mit strategischem Blick in der Kirche zu verweigern, bedeutet Rückschritt und eine ängstliche Grundhaltung („Retten, was zu retten ist“) – statt entschieden neue Wege zu gehen.

Den Trierer Bischof beneide ich nicht um die Herkules-Aufgabe, die Einheit im Widerstreit der gegeneinander stehenden Positionen im Bistum zu wahren.

Hermann Josef Groß, Trier

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort