Europawahl „Die Niederländer haben es vorgemacht": Abschlusskundgebung der SPD-Spitzenkandidatin Barley in Trier

Trier · Die SPD-Spitzenpolitikerin Katarina Barley beendet ihren Europawahlkampf in Trier. Sie ruft dazu auf, Jugendliche ernst zu nehmen und stärker einzubinden.

„Die Niederländer haben es vorgemacht": Abschlusskundgebung der SPD-Spitzenkandidatin Barley in Trier
Foto: TV/Bernd Wientjes

Zunächst bleibt der prominente Zaungast am Rande des Trierer Viehmarkts unerkannt. Vielleicht liegt es an dem Radfahrer-Outfit, dass der luxemburgische Aussenminister und leidenschaftliche Radfahrer Jean Asselborn erst auf den zweiten Blick erkannt wird.

Er sei ganz zufällig hier, sagt der luxemburgische Sozialdemokrat und zeigt auf den platten Reifen seines Luxus-Sportrads. Dass hier gleich die deutsche Spitzenkandidatin der SPD zur Europawahl, seine Parteifreundin Katarina Barley, auf dem Platz ihre Abschlusskundgebung abhält, habe er gar nicht gewusst, sagt Asselborn. Wo er schon mal da ist, lässt er aber auch gerne Selfies mit sich machen, noch immer in sportlicher Kleidung und mit Fahrradhelm.

Er hoffe, sagt Asselborn, dass viele an der Europawahl teilnehmen werden und zwar, die für Europa sind: "Die, die Europa kaputtschlagen wollen, gehen wählen. Wir müssen die ermuntern zur Wahl zu gehen, die Europa stark machen wollen", sagt der bekannte Außenpolitiker.

„Die Niederländer haben es vorgemacht": Abschlusskundgebung der SPD-Spitzenkandidatin Barley in Trier
Foto: TV/Bernd Wientjes

Als kurz vor 14 Uhr die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Barley durch die Fußgängerzone zum Viehmarkt kommen, nachdem sie immer wieder angesprochen werden ("Hallo Malu, Grüß dich Katharina"), und den Prominenten aus dem Nachbarland sehen, gibt es eine herzliche Begrüßung. Auch Dreyer freut sich, den prominenten Luxemburger in ihrer Heimatstadt zu sehen. "Es tut gut, wieder zu Hause zu sein", sagt die in Schweich (Trier-Saarburg) lebende Barley, als sie mit Dreyer das blaue Podest betritt.

Es ist keine große Bühne, auf der sich die beiden Politikerinnen das heimische Publikum begrüßen. Fast schon bescheiden wirkt der Auftritt. Immerhin ist es der offizielle Abschluss des Wahlkampfes der SPD-Spitzenkandidatin. Es sei schon etwas Besonderes, ausgerechnet hier, in ihrer Heimatstadt, den Wahlkampf zu beenden. "Mir geht es gut", sagt Barley. Sie habe als Spitzenkandidatin den "weltbesten Spitzencoach an meiner Seite, der mich gut trainiert, mental und körperlich". Die 50-Jährige spielt damit auf ihre Beziehung mit dem ehemaligen Trierer Basketballtrainer Marco van den Berg an.

Barley hält keine Rede, direkt nach der Begrüßung beantwortet sie Fragen der rund 200 Zuschauer, die an dem frühsommerlichen Samstag auf den Viehmarkt gekommen sind. Sie finde es gut, dass Jugendliche freitags für Klimaschutz auf die Straße gingen, sagt Barley. Die jüngere Generation müsse stärker eingebunden werden in die Politik. Daher setze sie sich für die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 ein.

Das viel diskutierte Video des Youtubers Rezo, der darin mit den etablierten Partei hart ins Gericht geht, spricht Barley allerdings zunächst nicht an. Anders als der 70-Jährige Norbert Neuser. Der aus dem rheinland-pfälzischen Boppard stammende SPD-Politiker sitzt seit zehn Jahren im Europaparlament. Der Dialog mit jungen Menschen sei wichtig. Die Parteien müssten die "neuen Medien" stärker nutzen, sagt Neuser, der aber zugleich warnt vor einer zunehmenden "Empörungsdemokratie", die oft sachliche Auseinandersetzung ersetzt habe.

„Die Niederländer haben es vorgemacht": Abschlusskundgebung der SPD-Spitzenkandidatin Barley in Trier
Foto: TV/Bernd Wientjes

Nach der Kundgebung sagt sie zu Journalisten, dass Rezo ja nicht die SPD als Partei sondern als Teil der Regierungskoalition angesprochen habe. Sie finde es gut, wenn Jugendliche sich für Politik begeistern. Barley warnt vor Rechtspopulisten und "Pfeifen wie diesen" - dabei zeigt sie zur Seite, wo erneut ein bekannter Trierer NPD-Aktivist mit lautstarkem Pfeifen versucht, auf sich aufmerksam zu machen. Barley zeigt sich optimistisch, dass rechte Parteien bei der Wahl doch nicht wie prognostiziert zulegen werden.

Sie verweist auf die Prognosen aus den Niederlanden, wo die rechtspopulistischen Parteien weniger Stimmen eingefahren haben als von ihnen erwartet. Es freue sie, sagt Barley, dass wohl der Sozialdemokrat Frans Timmermanns die Wahl in den Niederlanden gewonnen habe. "Das wollen wir nachmachen." Der Brexit habe vielen Wählern deutlich gemacht, dass "Populisten alles kurz und klein schlagen können", sagt die Politikerin, die sowohl den deutschen als auch britischen Pass besitzt. Das sogenannte Ibiza-Video, das in Österreich zum Bruch der Regierung geführt hat, sei kein Einzelfall, sagt Dreyer. "Die Rechten wollen Europa zerstören." Neuser meint dazu spöttisch, es sei einer der wenigen Fälle, bei denen der Videobeweis funktioniert habe.

Sie habe den Wahlkampf "unfassbar" genossen, sagt Barley nach Abschluss der rund 90-minütigen Kundgebung. Es sei schon "etwas Emotionales", dass er ausgerechnet in Trier zu Ende gehe. Dass sie nun ihr Amt als Bundesjustizministerin aufgeben müsse sorge schon für ein "weinendes Auge". Es sei zum ersten Mal, dass in Deutschland ein Bundesminister seinen Posten aufgibt, um nach Brüssel zu wechseln. Aber sie fühle sich gut vorbereitet für ihre neue Aufgabe als EU-Abgeordnete.

Was den Wahlausgang für die SPD angeht, sei sie zuversichtlich. Die Stimmung während des Wahlkampfes sei gut gewesen. Und die Niederländer hätten es ja vorgemacht, mit dem voraussichtlichen Sieg der Sozialdemokraten.

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