Aus dem Archiv Faszination Mittelalter: Die Kaiser kommen

Trier/ Mainz · 2020 beschäftigt sich eine große Landesausstellung in Mainz mit der Glanzzeit der Kaiser und der Frage, was sie so mächtig machte. Auch ein riesiger Silberschatz aus der Region ist dort erstmals zu sehen.

Friedrich Barbarossa, von 1155 bis 1190 Kaiser des römisch-deutschen Reiches. Ein Ausschnitt aus der Weingartner Welfenchronik.

Friedrich Barbarossa, von 1155 bis 1190 Kaiser des römisch-deutschen Reiches. Ein Ausschnitt aus der Weingartner Welfenchronik.

Foto: Landesmuseum Mainz

Mag ihr Reich auch längst untergegangen sein – in Trier sind die Römer noch immer an der Macht. Dank Porta Nigra, Amphitheater & Co dreht sich im „Zentrum der Antike“ fast alles um das gute alte Imperium Romanum. Dabei ist die Welt nach dessen Untergang, den eine Landesausstellung in Trier 2022 analysieren wird, keineswegs in einem schwarzen Loch versunken. Statt 80 000 Menschen lebten in der einstigen Metropole im frühen Mittelalter zwar plötzlich nur noch 5000. Doch war die Stadt noch immer Teil eines Machtgefüges. Und Inspirationsquelle für diejenigen, die das „neue“ Kaiserreich anführten.

„Die Kaiser und die Säulen der Macht. Von Karl dem Großen bis Friedrich Barbarossa“, heißt eine große Landesausstellung, die im September 2020 im Landesmuseum Mainz eröffnet wird. Eine Ausstellung, die den Rheinland-Pfälzern zeigen soll, wie faszinierend ihre Heimat auch im Mittelalter war.

Sie beleuchtet einen Zeitraum von fünf Jahrhunderten, in denen die Herrschaftshäuser der Karolinger und Ottonen, der Salier und der Staufer die Geschicke halb Europas prägten. Die Schau will allerdings viel mehr als nur erklären, was in diesem halben Jahrtausend in Mitteleuropa so los war. „Wir wollen erklären, wie Macht überhaupt funktioniert“, sagt Thomas Metz, Chef der Generaldirektion Kulturelles Erbe. Die starken Frauen, die hinter den Kaisern standen, werden ebenso eine Rolle spielen wie mächtige Erzbischöfe, erstarkende Städte, die stetige Suche nach Verbündeten, der Kampf um Privilegien oder die Ideale des Rittertums.

Am Beginn steht die Krönung Karls des Großen (800), die zugleich die Idee des antiken Kaisertums wiederbelebte, den Abschluss bildet die Goldene Bulle (1356), ein kaiserliches Gesetzbuch zur Regelung der Wahl und Krönung von Königen und Kaisern, das bis 1806 Gültigkeit hatte.

Der geografische Schwerpunkt der Schau liegt am Rhein – reicht aber bis in die Region Trier hinein. Erstreckte sich das herrschaftliche Zentrum dieser Zeit doch zwischen Aachen und Basel, Frankfurt und Metz. Die jüdischen Gemeinden Speyer, Worms und Mainz spielten mit ihren bekannten Talmudschulen als „Wiege der Gelehrsamkeit“ eine herausragende Rolle.

Das Epizentrum der Macht, wo zentrale Ereignisse der mittelalterlichen Geschichte geschrieben wurden, waren etwa 100 Rheinkilometer. Dort entstanden die Kathedralen von Mainz, Worms und Speyer. Dort fanden große Hof- und Reichsversammlungen sowie bedeutende Kirchensynoden statt. Dort wurden Könige gewählt und gekrönt.

Mag man im römervernarrten Trier vielleicht auch noch nie von ihm gehört haben: Im „goldenen Mainz“ residierte Erzbischof Willigis, der mächtigste Mann nach dem Kaiser und Stellvertreter des Papstes. In Worms wurde mit dem Wormser Konkordat 1122 Weltgeschichte geschrieben. Es beendete den erbitterten Machtkampf zwischen Kaiser und Papst. Und in der Kaiserpfalz in Ingelheim, die von dem römischen Kaiserpalast in Trier inspiriert wurde, machten Könige und Kaiser mit Gefolge Halt.

 Die Ausstellungsmacher versprechen hochkarätige Exponate aus ganz Europa. Zu sehen sind das Armreliquiar Karls des Großen aus dem Pariser Louvre, die Heiratsurkunde der Kaiserin Theophanu, die Grabkrone der Kaiserin Gisela, die berühmte Heidelberger Liederhandschrift Codex Manesse und die Goldene Bulle.

Auch zahlreiche Kunstschätze aus der Region werden zu sehen sein. Die bedeutendsten stammen aus der Trierer Stadtbibliothek. Diese leiht ihr Weltdokumentenerbe, den Codex Egberti, nach Mainz aus. Ein Meisterwerk der ottonischen Buchmalerei. Auch das berühmte Ada Evangeliar und zahlreiche andere mittelalterliche Handschriften sind 2020 in der Landeshauptstadt zu bewundern.

Das vielleicht spektakulärste Exponat aus der Region ist ein riesiger Silberschatz. Rund 2500 Silbermünzen waren in den 60er Jahren im Örtchen Pilliger Heck unweit der Burg Eltz gefunden worden. 1200 davon lagern im Trierer Landesmuseum, der Rest in Bonn und Stuttgart. 2020 wird der Schatz, der viele Rätsel aufgibt, erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Auch ein Buch über ihn ist in Vorbereitung.

Neben wertvoller Ringe und Stolas Trierer Erzbischöfe wird auch der Prümer Urbar gezeigt, ein Güterverzeichnis, das detailliert auflistet wie viel Wald, Feld oder Weinberge einzelne Lehnsmänner bewirtschafteten und wie viele Abgaben sie der Reichsabtei Prüm zu entrichten hatten. Für Historiker eine unschätzbar wichtige Quelle über die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zustände im mittelalterlichen Rheinland.

„Wir werfen im Kaiserjahr 2020 einen einzigartigen Blick auf eine ganze Epoche“, sagt Metz. Neben der Ausstellung in Mainz sind an Originalschauplätzen der mittelalterlichen Geschichte zahlreiche Veranstaltungen geplant.

Adlerfibel aus dem Jahr 1000.

Adlerfibel aus dem Jahr 1000.

Foto: GDKE, Landesmuseum Mainz (Ursula Rudischer)
Der Erzbischof von Mainz, 1330-1340.

Der Erzbischof von Mainz, 1330-1340.

Foto: GDKE, Landesmuseum Mainz (Ursula Rudischer)
Thronender Heinrich II., Abbildung aus dem kunstvollen Sakramentar Heinrichs II.

Thronender Heinrich II., Abbildung aus dem kunstvollen Sakramentar Heinrichs II.

Foto: Bayerische Staatsbibliothek München

Dass die Region im Mittelalter derart wichtig war, führt Metz – und das dürften die Trierer gerne hören – auf die Römer zurück. „Wir sind eine Innovationsregion, weil von den Römern so viel übrig geblieben ist“, sagt Metz. Straßen, Häuser, aber auch Verwaltungsstrukturen. Karl der Große habe sich in die Tradition der römischen Kaiser gestellt. Und wie die gelebt hatten, ließ sich hervorragend in Trier studieren.

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