Musik Feine Sahne Fischfilet in der Trierer Europahalle: Mit Bier und Pogo gegen Rechts

Trier · An zwei Abenden spielen die Polit-Punker von Feine Sahne Fischfilet aufgrund der großen Nachfrage in der Europahalle.

 Die Polit-Punk-Band Feine Sahne Fischfilet beim Auftritt in der Europahalle.

Die Polit-Punk-Band Feine Sahne Fischfilet beim Auftritt in der Europahalle.

Foto: Julia Nemesheimer

Sechs Jungs aus Mecklenburg-Vorpommern, die sich seit einigen Jahren auf mehr oder minder großen Bühnen die Finger wund spielen. Die im Vorprogramm der Toten Hosen auftreten, bei Festivals spielen und hierbei immer eine ganz klare Haltung vorweisen: Antifaschistisch, antirassistisch und antisexistisch, gegen Homophobie, pro Asyl.

Dass hierbei Kontroversen aufkommen, dürfte nicht verwundern. Bereits im Vorfeld schaffte es die Band, die es insbesondere in den Wochen nach den Vorkommnissen von Chemnitz in die breite Öffentlichkeit schaffte, auch in Trier für etwas Trubel zu sorgen. Sogar im Stadtrat war die linke Band Thema. Das CDU-Ratsmitglied Jutta Albrecht kritisierte im Vorfeld den Auftritt, da „die Texte der Band eine Ablehnung des staatlichen Gewaltenmonopols erkennen“ ließen. Zu einem Verbot wie im Bauhaus Dessau kam es jedoch nicht (der TV berichtete). Auch bei Facebook schlägt der Auftritt von Feine Sahne Fischfilet Wellen. Bemerkbar macht sich das vor allem in den kritischen Kommentaren, die sich unter dem TV-Interview mit Gitarrist Christoph Sell finden.

Trotz – oder vielleicht auch wegen – aller vorausgehenden Diskussionen ist das Konzert in Trier am Freitag ausverkauft. Das Zusatzkonzert am Donnerstag lockt rund 1200 Fans in die Halle am Viehmarkt, die für 1500 Menschen ausgelegt ist. Das Publikum besteht vorwiegend aus jungen Menschen mit viel Farbe unter der Haut, Piercings, Vollbärten, bunten Haaren – jede Menge Punks, sei es sichtbar nach außen hin oder im Herzen. Sollte die Botschaft in und zwischen den Songs auch nur von einigen der anwesenden Fans umgesetzt werden, ist schon einiges gewonnen gegen Menschen, die ihren Hass in sozialen Medien oder von politischen Bühnen propagieren.

Das Konzert beginnt mit einem langen Intro, bis zu den ersten Klängen von „Zurück in unsrer Stadt“ der Vorhang fällt und Feine Sahne Fischfilet enthüllt. „Wir haben hier schon in kleinen Räumen gespielt, zum Beispiel im großartigen Exhaus. Und jetzt sind wir hier in dieser großen Halle!“, freut sich Frontmann Jan „Monchi“ Grokow über die beiden Abende und die vielen Menschen, die das alles ermöglichen.

Musikalisch liefert die sechsköpfige Band leicht schrammeligen, deutschsprachigen Punk mit Trompeten. Die Ska-Elemente machen das Ganze melodisch und tanzbar. Am Mikrofon hört man vor allem Monchi, bei ruhigeren Songs wie „Alles anders“ oder „Warten auf das Meer“ übernimmt Gitarrist Christoph Sell. Der ist auch in den Refrains immer zur Stelle und liefert viele Texte für die Songs der Band, die im Laufe der Jahre deutlich reflektierter, teilweise auch weniger platt geworden sind. Inzwischen sind sie bei ihrer fünften Platte „Sturm & Dreck“ angekommen und stehen weiterhin mit ihren Liedern und ihrer gesamten Attitüde für ihre Grundsätze ein. Während des gesamten Abends sucht Monchi die Nähe zu den Fans und am Ende des Abends dürften sicherlich zwei bis drei Kästen Bier von der Bühne im Publikum gelandet sein, genauso wie ein quietschgelbes Bananenboot, auf dem sich Trompeter Max Bobzin über die Menge tragen lässt.

Neben all der Party mit Pogo und Crowdsurfing kommt die ernste Aussage aber nicht zu knapp. „Angst frisst Seele auf“ richtet sich an diejenigen, die sich nicht einschüchtern lassen durch Nazis oder Rechtsextremisten und weiter für ihre Haltung einstehen. Bei „Suruç“ geht es um die Erfahrungen Monchis bei einem Hilfseinsatz in der Türkei für die syrische Stadt Kobane. Hier erlebte er einen Selbstmordanschlag mit vielen Toten und Verletzten aus nächster Nähe. Zwischen den Songs macht der Sänger auf die Info-Stände von Hilfsorganisationen wie der Seenotrettung Mare Liberum aufmerksam, die im Foyer der Europahalle aufgebaut sind.

 Christoph Sell greift nicht nur in die Saiten, sondern auch zum Mikrofon.

Christoph Sell greift nicht nur in die Saiten, sondern auch zum Mikrofon.

Foto: Julia Nemesheimer

„Wenn man sich so durchliest, dass manche Leute schreiben, unsere Konzerte wären zwei Stunden Hass, dann muss ich sagen: Diese Gesellschaft braucht mehr von diesem Hass!“, ruft Monchi nach zwei schweißtreibenden Stunden, in denen viel getrunken, getanzt und gefeiert wurde, bis die letzten Klänge von „Komplett im Arsch“ verklungen sind. Nur den „Hass“, den hat man nirgends gespürt.

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