Vinyl der Woche: Violator – Depeche Mode Kindererziehung mit Cash, Elvis und Manson

Serie · Etwas mehr als 30 Jahre ist es her, dass Depeche Mode mit Violator ihr erfolgreichstes Album veröffentlicht haben. Wir nutzen dieses heute um zu klären, wann man um Erlaubnis bitten muss – und wann nicht.

 Violator von Depeche Mode

Violator von Depeche Mode

Foto: Band

Liebe Kinder,
Mama und Papa haben es euch sicher schon beigebracht, aber man kann es nicht oft genug sagen: Wenn ihr etwas haben möchtet, dann fragt. Ihr wollt ein Stück Schokolade? Fragt! Fernsehen? Fragt! Den Song Personal Jesus von Depeche Mode covern? Fragt! Es sei denn, ihr seid einer der erfolgreichsten Country-Musiker der Welt. Aber eins nach dem anderen ...

Es ist der März 1990, also etwas mehr als 30 Jahre in der Vergangenheit. Die britische Synthie-Pop-Band Depeche Mode veröffentlicht ihr siebtes Studioalbum Violator. Doch wir springen noch ein halbes Jahr weiter zurück, in den August 1989 – als Depeche Mode ein wie sie selbst sagen großes Risiko eingehen.

Mit Personal Jesus koppeln Dave Gahan, Martin Gore, Andrew Fletcher und Alan Wilder Monate vor dem Erscheinen des Albums eine Single aus, deren Text durchaus kritisch in Richtung der Kirche verstanden werden kann. Tatsächlich boykottieren einige Radiostationen in den USA – wie auch schon andere Depeche-Mode-Songs – den Titel. Das tut dessen Erfolg allerdings keinen Abbruch: Personal Jesus wird zur erfolgreichsten Zwölf-Zoll-Single  in der Geschichte der Warner-Bros.-Musikgruppe.

Ein genauerer Blick auf den Hintergrund des Songs zeigt: Wirkliche Kirchen-Schelte ist Personal Jesus nicht. Wie Martin Gore in einem Interview sagt, geht der Text auf den King of Rock ‘n‘ Roll Elvis Presley zurück – genau genommen auf dessen Verhältnis zu seiner Frau Priscilla. Die beschreibt in ihrem Buch „Elvis and Me“, dass der legendäre Musiker ihr Mann und gleichzeitig Mentor gewesen sei – anders gesagt: ihr persönlicher Jesus.

Von einem legendären Musiker zum nächsten: Johnny Cash. Die Country-Legende nimmt Personal Jesus Anfang der 2000er neu auf und packt es auf sein letzte Studio-Album American IV, The Man Comes Around.

Nochmal zu euch, liebe Kinder: Ihr müsst immer schön artig fragen. Außer ihr seid Johnny Cash. Denn der tut das bei Personal Jesus nicht. Als Depeche Mode von der neuen Version erfahren, sind sie begeistert. Auch die fehlende Absprache ist kein Problem, erklärt Martin Gore später: „Wenn du ein Musiker vom Kaliber eines Johnny Cash bist, dann musst du nicht um Erlaubnis bitten.“ Ob Marilyn Manson bei seiner Version 2004 nachfragte, ist nicht überliefert.

Violator ist natürlich mehr als Personal Jesus. Unter anderem schafft es Enjoy The Silence zu einem absoluten Radio-Klassiker, der noch heute bei den meisten Stationen läuft. In ihm zeigt sich auch die musikalische Veränderung, die Depeche Mode für das Album einschlägt: Der Song ist geprägt von Gitarrenspiel – eine Weiterentwicklung des unverkennbaren Depeche-Mode-Stils.

Mit Violator schaffen Depeche Mode den Sprung nach ganz oben. Würden sie heute einen Song covern, müssten sie wohl auch nicht vorher fragen.

In der Serie Vinyl der Woche beleuchtet der Trierische Volksfreund jede Woche eine Schallplatte. Alle Serienteile gibt es unter volksfreund.de/vinyl

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