TV-Serie „jüdische Friedhöfe“ Aktives Erinnern mit Steinen und Lebensgeschichten

Enkirch · Der jüdische Friedhof Enkirch ist Teil des kommunalen Friedhofs. Die Gedenkarbeit im Ort ist sehr intensiv.

  Ein neuer Stein der Erinnerung auf dem jüdischen Friedhof Enkirch.

Ein neuer Stein der Erinnerung auf dem jüdischen Friedhof Enkirch.

Foto: Christina Bents

Mittendrin steht er: ein Quarzfindling, der sich in die Reihe der Grabsteine einfügt und doch ein besonderer ist. Denn er wurde „zur Erinnerung und zum Gedenken an die jüdischen Menschen, die in diesem Ort gelebt und gearbeitet haben“, so die Aufschrift, dort aufgestellt. Eigentlich sollte er in dieser Woche feierlich enthüllt werden, doch aufgrund der Corona-Pandemie wird der Festakt verschoben. Mit dabei gewesen wäre auch Doris Deutsch. Sie ist um die 80 Jahre alt, Jüdin und eine verwitwete Löb. In Enkirch liegt der Großvater ihres verstorbenen Ehemanns begraben. Ihr Ehemann wurde nach Auschwitz deportiert, hat den „Todesmarsch“ mitgemacht und überlebt. Darüber hat er seine Erinnerungen aufgeschrieben und aus denen liest Doris Deutsch noch heute vor Schulklassen. Der Leistungskurs Geschichte des Gymnasiums Traben-Trarbach hat sich ebenfalls mit dem Thema „jüdisches Leben in Enkirch“ auseinandergesetzt (siehe Info) 

Die Gedenkarbeit im Ort ist auch den Führungen von Dieter Georg zu verdanken. Er hat bei einem Vortrag zur Geschichte Enkirchs über die ehemaligen Häuser der jüdischen Mitbürger gesprochen und führt bis heute Gäste durch den Ort und auch über den Friedhof. Er sagt: „Da ist beispielsweise „Mod`sches Kehr“, das ist eine Spitzkurve im Dorf. Dort lebte der jüdische Kleinwarenhändler Moses Löb, den man auch „Mod´sche“ nannte. Das hat mein Interesse an den jüdischen Familien geweckt.“    

Das Verhältnis zu den Juden im Ort war gut. Sie waren in Vereinen aktiv, beispielsweise im Gesangverein. Sie waren als Geschäftsleute im Ort akzeptiert. Es gab beispielsweise die Cigarrenfabrik der Gebrüder Isaak, von denen in alten Zeitungen noch Anzeigen zu finden sind. Interessant waren auch die beiden jüdischen Brüder, die von Beruf Seiler waren – trotz ihrer Blindheit. Der Pfad, der Richtung Starkenburg verläuft, an dem sie ihre Seile gezogen haben, wird bis heute Seilerpfad genannt. Dieter Georg meint: „Es ist wirklich bewundernswert, wie sie ihre Arbeit ausgeführt haben. Seile zu ziehen, ohne zu sehen, das hat viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl erfordert.“  

Mitte des 19. Jahrhunderts gab es etwa zwölf jüdische Familien in Enkirch. Schon 1929 war kein eigener Gottesdienst mehr in der Synagoge möglich. Mit Familien aus Kröv und Traben-Trarbach wurden diese gefeiert. Deportiert wurden keine jüdischen Bürger aus Enkirch. „Die Juden waren schon recht früh weg. Zum Teil sind sie ausgewandert oder umgezogen.“ Kontakte zu Nachfahren gibt es noch. Vor etwa zehn Jahren kam es zu einer besonderen Begegnung. Der ehemalige Enkircher Kurt Simon, der in Amerika lebt, kam mit einer Reisegruppe nach Traben-Trarbach. Dabei besuchte er auch Enkirch und ging die Priesterstraße hinauf. Eine ehemalige Schulkollegin, Dr. Hildegard Kalbfuß, hat ihn gesehen, ihn am Gang erkannt und „Kurt“ gerufen, worauf er gleich reagierte und sich umsah.    

Der jüdische Friedhof an der Sponheimer Straße ist der Nachfolger einer Begräbnisstätte „Auf Kirst“. Dieser Friedhof war mit 650 Quadratmetern deutlich größer, aber es ist nichts mehr von ihm zu sehen. Die Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof sind schlicht und einige ältere aus Sandstein. Es finden sich die Namen Isaak, Simon, Stern und Schoemann. Der Friedhof ist sehr gepflegt und auf etwa der Hälfte der Steine sind noch Inschriften zu erkennen.

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