Hochwasser Nach der Katastrophe: Kommt jetzt die Pflichtversicherung für alle?

Trier/Mainz · Effektiver Hochwasserschutz an kleinen Bächen und Flüssen ist laut Experten nicht machbar. Ministerin fordert Umdenken bei Bauplanung und spricht sich für Pflichtversicherung aus.

 Rentner Bernhard Spang ruht sich im Stadtteil Ehrang auf einem Spapel Stühle aus, die nach dem Hochwasser neben zerstörtem Mobiliar stehen. Zahlreiche Häuser im Ort waren betroffen, Bewohner mussten evakuiert werden.

Rentner Bernhard Spang ruht sich im Stadtteil Ehrang auf einem Spapel Stühle aus, die nach dem Hochwasser neben zerstörtem Mobiliar stehen. Zahlreiche Häuser im Ort waren betroffen, Bewohner mussten evakuiert werden.

Foto: Nils Straßel

Die Flutkatastrophe in der vergangenen Woche hätte auch mit einem besseren Hochwasserschutz nicht verhindert werden können. Das sagte die rheinland-pfälzische Klimaschutzministerin Anne Spiegel (Grüne) unserer Redaktion. „Kein Damm konnte die Flut aufhalten“, sagte auch Ministerpräsidentin Malu Dreyer am Donnerstag in einer Sondersitzung von drei Fachausschüssen des Landtags. Bis Donnerstag wurden 128 Flutopfer tot geborgen und 766 verletzt ins Krankenhaus gebracht. Noch immer seien viele Rettungskräfte und Helfer in den betroffenen Regionen im Einsatz. Allein im Kreis Ahrweiler seien es fast 5000, sagte Dreyer.

„Dieses Extremwetterereignis war kein klassisches Hochwasser. Die Katastrophe war absolut einzigartig in ihrer Wucht und Zerstörungskraft.“ Es seien mehr als 140 Liter pro Quadratmeter gefallen. Das sei mehr als bei jedem 100-jährigen Hochwasser, so Spiegel.

Dadurch seien kleine Bäche „auf großer Fläche zu mitreißenden Fluten herangeschwollen“, sagt ein Sprecher des Landesamtes für Umwelt. Und warum war das nicht vorhersehbar? „Unsere Hochwasservorhersage kann sehr präzise und längerfristige Wasserstandsvorhersagen für die großen Flüsse unseres Landes erstellen, bei kleinen Bächen und Flüssen ist das in diesem Umfang rein praktisch nicht möglich“, so der Sprecher der Behörde. Für Pegel an kleineren Flüssen, sei eine „zentimetergenaue, zeitscharfe Vorhersage des Wasserstandes“, wie etwa an Mosel und Rhein nicht möglich. Einerseits sei die Zeitspanne zwischen dem starken Regen und dem Wasserstandanstieg sehr kurz. Andererseits könnten Starkniederschläge „räumlich, zeitlich und mengenmäßig nicht ausreichend genau vorhergesagt werden“.

In engen Tälern sei ein technischer Hochwasserschutz, etwa durch Schutzmauern und -wände, „fast nie möglich“, sagt Spiegel. Daher müssten die Kommunen das Thema „klimaangepasstes Bauen“ stärker in den Blick nehmen. Bei der Planung von Baugebieten müsse darauf geachtet werden, dass nicht zu viele Flächen verdichtet würden, es ausreichend Notabflusswege gebe und dem Wasser Raum gegeben werde. In den vergangenen 25 Jahren habe das Land insgesamt 1,2 Milliarden Euro in Hochwasserschutz investiert. Außerdem würden Kommunen bei Konzepten zur Hochwasservorsorge unterstützt. Bislang seien insgesamt 5,4 Millionen Euro Fördermittel für diese Projekte bewilligt worden. In den nun besonders betroffenen Landkreisen Ahrweiler, Eifelkreis, Vulkaneifel und Trier-Saarburg hätten von 545 Gemeinden 254 ein solches Vorsorgekonzept beantragt. Damit Bürger besser finanziell gegen Hochwasserschäden abgesichert sind, spricht sich Spiegel für eine verpflichtende Elementarschadensversicherung aus.

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