Deutscher Ruder-Achter Trierer Richard Schmidt vor der EM: „Das wird wie ein Schuss ins Blaue“

Trier/Posen · Für die Ruderer gibt es in dieser Corona-Saison immerhin ein Großereignis. Der Trierer Richard Schmidt strebt im Deutschland-Achter bei der EM in Polen an diesem Wochenende die Titelverteidigung an. Es sind Wettkämpfe unter besonderen Vorzeichen.

 Endlich wieder ein Wettkampf: Der Trierer Richard Schmidt (Dritter von links) kämpft mit dem Deutschland-Achter in Polen um den EM-Titel.

Endlich wieder ein Wettkampf: Der Trierer Richard Schmidt (Dritter von links) kämpft mit dem Deutschland-Achter in Polen um den EM-Titel.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Die unmittelbare Vorbereitung auf die Ruder-Europameisterschaft verläuft beim Trierer Routinier Richard Schmidt nicht planmäßig. Wegen einer Beerdigung im familiären Umfeld machte sich der 33-Jährige erst am Donnerstag auf den Weg zum EM-Austragungsort Posen in Polen, wo seine Teamkameraden bereits seit Dienstag weilen. Schmidt reiste im Auto an, zusammen mit dem Pressesprecher des Deutschland-Achters, Carsten Oberhagemann. Geplante Fahrtzeit: rund sechs Stunden.

Schon einige Stunden später – am Freitag um 13 Uhr - muss Schmidt im Flaggschiff des Deutschen Ruderverbands Leistung zeigen. Im Bahnverteilungsrennen geht es für den deutschen Achter um eine bestmögliche Ausgangsposition für das EM-Finale am Sonntag (Start: 15 Uhr).

„Optimal ist meine Anreise sicher nicht“, sagt Schmidt. Aber was ist schon optimal und normal in dieser Corona-Saison, in der die Olympischen Spiele dem Virus zum Opfer gefallen sind und auf 2021 verschoben wurden. Für den Achter bedeutet die EM das erste und einzige Regatta-Rennen in diesem Jahr über die olympische 2000-Meter-Distanz. Eine Europameisterschaft hat für die Ruderer normalerweise nicht die Bedeutung wie eine Weltmeisterschaft oder Olympia, doch jetzt genießt sie auf einmal eine andere Strahlkraft. Schmidt: „Wir haben richtig Bock. Es ist wichtig für uns, dass die EM stattfindet. Wir brauchen den Wettkampf um zu sehen, ob wir in Richtung Olympia auf dem richtigen Weg sind.“

Da keine Nation weiß, wo sie im Vergleich mit der Konkurrenz steht, hat die EM gehöriges Überraschungspotenzial. „Wir wissen gar nichts über den aktuellen Leistungsstand der anderen. Das wird wie ein Schuss ins Blaue“, sagt Doktorand Schmidt, der parallel zum Sport seine Promotion in einem Forschungsprojekt an der Hochschule Gelsenkirchen umsetzt. Dabei beschäftigt sich der studierte Wirtschaftsingenieur mit Hochdruck-Elektrolyse, die Reinwasser in Sauerstoff und Wasserstoff zersetzt.

Die größten Konkurrenten für den Deutschland-Achter dürften die Niederländer und die Rumänen sein. England, eine andere Topnation, ist dagegen nicht am Start.

Überraschend: Negative Corona-Tests müssen die Athleten nach Auskunft von Schmidt nicht vorlegen. Nichtsdestotrotz gelten vor Ort strenge Hygienemaßnahmen. Die Teams bleiben unter sich, um Kontakte zu vermeiden. Am Austragungsort auf dem Maltasee sind laut Schmidt insgesamt nur 250 Personen  zugelassen. Über die Bühne werden die Wettkämpfe ohne Zuschauer gehen.

Schmidt und Co. haben sich so gewissenhaft wie möglich vorbereitet. Individuell während des Lockdowns im Frühjahr, später dann zusammen, als Training im Großboot wieder erlaubt war. Im Sommer gab es einen internen Simulations-Wettkampf. Insgesamt war die Vorbereitung dennoch komisch. Inhalte eines Wintertrainings standen auf dem Programm, als eigentlich schon Saison gewesen wäre. Hohe Frequenzen konnten nicht geübt werden. Schmidt: „Für uns Ruderer wird die EM so sein wie für einen Fußballer das erste Saisonspiel. Es wird noch nicht alles aufeinander abgestimmt sein.“

So ist die EM ein Etappenziel auf dem langen Weg zu den Olympischen Spielen im Sommer 2021.

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