Forschung Luxemburg greift nach dem Mond

Luxemburg · Wie Wissenschaftler auf dem Kirchberg eine Mondlandschaft nachgebaut haben, um an der Zukunft der Raumfahrt mitzuwirken.

  Hoch hinaus – immer mehr Nationen streben zum Mond. Luxemburg steigt mit Roboterforschung ein. 

Hoch hinaus – immer mehr Nationen streben zum Mond. Luxemburg steigt mit Roboterforschung ein. 

Foto: dpa/Soeren Stache

Im Keller eines alten Gebäudes, das früher zum „Institut supérieur de technologie“ und heute zur Universität gehört, befindet sich ein Raum im Raum. Professor Miguel Olivares-Mendez führt zu dem großen Kasten, der etwa sieben Meter breit und elf Meter lang ist. Die Innenwände sind in einem matten Schwarz gestrichen und der Boden ist ausgelegt mit zwanzig Tonnen feinem Basalt. Dieser ist stellenweise zu Kratern geformt und erinnert damit an eine Mondlandschaft.

Das ist genau das Bild, das erzeugt werden soll. Dieser Raum dient dazu, die Bedingungen auf dem Mond zu kopieren. Genauer gesagt: Hier sollen die Lichtbedingungen, wie sie auf dem Mond herrschen, simuliert werden. Bei dem Raum handelt es sich um das sogenannte LunaLab.

Olivares-Mendez unterrichtet zwei Kurse in Weltraum-Robotik und einen Kurs für autonome Weltraumsysteme. Außerdem forscht er am SnT, einem Forschungsinstitut, das zur Universität gehört und seinen Sitz auf dem Kirchberg hat, in einem viel moderneren Gebäude gleich nebenan, dem Boulevard J. F. Kennedy zugewandt. Dort wird auch an künstlichen Intelligenzen und selbstfahrenden Autos geforscht.

Die Forschenden wollen das neue LunaLab nutzen, um Sensoren für Mond-Rover zu testen und um künstliche Intelligenzen darauf zu trainieren, sich in den Lichtverhältnissen des Mondes zurechtzufinden. Auf den zweiten Blick – nachdem Olivares-Mendez darauf aufmerksam gemacht hat – wird ein weiteres Feature des Raumes deutlich. An der Decke sind Kameras angebracht. Spezielle Kameras zur Verfolgung von Bewegungsabläufen, erklärt der Wissenschaftler. Sie können die Position des Rovers auf den Millimeter genau feststellen.

Diese Experimente lassen sich nicht im Kies einer x-beliebigen Baustelle durchführen. So simuliert der schwarze Anstrich des Raums den dunklen Himmel auf dem Mond. Der Trabant hat, anders als die Erde, keine Atmosphäre, in der das Licht gestreut wird. „Das Labor ist deshalb auch komplett geschlossen. Die Forscher und Studenten sind während der Experimente draußen und kommen nur herein, um den Rover reinzustellen oder rauszunehmen“, so Olivares-Mendez. Manchmal, erklärt der Professor, muss es sich nicht einmal um einen Rover handeln. Für manche Experimente genügt es, eine entsprechende Kamera in den Raum zu stellen, um deren Leistung zu überprüfen.

„Wir wollen es ermöglichen, dass sich Rover alleine auf dem Mond zurechtfinden“, erklärt der Wissenschaftler. Die Maschinen sollen unter anderem bei Mondmissionen nach Ressourcen suchen, die von Menschen, die ihnen zum Erdtrabanten folgen, genutzt werden können. Dabei können sich die Rover nicht auf ein GPS-Netzwerk verlassen, wie es auf der Erde existiert. Auch die Fernsteuerung solcher Maschinen, die so weit entfernt sind, ist tückisch. Im Idealfall können sich die Roboter also selbstständig an der Landschaft orientieren und innerhalb der gegebenen Parameter eigenständig handeln. Durch immer neue Mondlandschaften, die im Basalt geschaffen werden, sollen die Algorithmen und die Studierenden, die hier forschen, mit immer neuen Herausforderungen konfrontiert werden.

In der Fachwelt wird der Mond als Brückenkopf zum Mars betrachtet. Dabei soll der Mond sowohl als Versuchslabor wie auch als Tankstelle und Ressourcenvorkommen für Mars-Missionen fungieren. Von dort aus Ressourcen in das Weltall zu schicken, ist aufgrund der geringen Schwerkraft des Mondes wesentlich einfacher als von der Erde aus.

„Die Aufgabe der Rover wird es sein, den Mond für die Menschen vorzubereiten“, sagt Olivares-Mendez. Zukünftige Missionen werden länger dauern als nur ein paar Tage. Immerhin sieht es so aus, dass sich in Zukunft dauerhaft Menschen auf dem Mond aufhalten werden. „Dafür brauchen wir dort Ressourcen. Für die Menschen brauchen wir Atemluft und Wasser. Genauso brauchen wir Unterkünfte, da die Strahlung im Weltall für Menschen sehr gefährlich ist.“

Die Forschenden versprechen sich viel von ihren Robotern. Sie sollen den besten Mondstaub (Regolith) ausfindig machen, um Fasern herzustellen, die zum Bau von Unterkünften geeignet sind. Auch Sauerstoff kann aus dem Regolith gewonnen werden. Mit einer hohen Wahrscheinlichkeit gibt es an den Polen des Mondes Wassereisvorkommen, aus denen Trinkwasser gewonnen werden kann, erklärt Olivares-Mendez. Wenn die ersten Menschen auf dem Mond landen, dann sollen sie dort die besten Bedingungen für ihren neuen Lebensabschnitt vorfinden.

Das Labor auf dem Kirchberg ist nicht das erste dieser Art in Luxemburg. Das Weltraumunternehmen iSpace hat in seinem Keller in Hollerich ebenfalls eine Mondlandschaft aufgeschüttet, um darin die Fähigkeiten ihres Mond-Rovers zu erproben. iSpace wurde zu einem der Aushängeschilder der „New Wave of Space“ in Luxemburg. Die Universität konnte von der Expertise von iSpace profitieren. Die brillanten Köpfe des Unternehmens halfen Olivares-Mendez bei der Entwicklung seiner Mondlandschaft. Eine Dopplung gibt es jedoch nicht. Die Forschenden waren darauf bedacht, dass beide Mondlandschaften für jeweils andere Experimente genutzt werden können. Jenes der Universität im Speziellen für optische Experimente mit Sensoren. Auch wenn gute Kontakte zu iSpace bestehen, eine offizielle Zusammenarbeit gibt es nicht. „Bislang haben wir keine Kollaborationen mit Unternehmen, sind aber dafür offen“, sagt Olivares-Mendez.

Damit seine Mondlandschaft noch überzeugender wird, hofft Olivares-Mendez darauf, künstlichen Regolith zu bekommen, um sein Labor damit auszustatten. Dann könnten seine Studierenden – vorausgesetzt, die sanitären Verhältnisse lassen es wieder zu – bald mit „echtem“ Mondstaub experimentieren. „Daran können wir auch andere Sensoren testen. Nicht nur optische.“ Die Roboter sollen lernen, Regolith zu identifizieren.

In erster Linie sind es die Studierenden des „Interdisciplinary Space Master“ der Universität, die sich hier austoben sollen. Dieser Studiengang ist ganz neu an der Uni. Er hat eine technische und wirtschaftliche Ausrichtung. Die erste Generation an Studierenden hat den Studiengang gerade absolviert. Weil es kleine Verzögerungen mit der Fertigstellung des Raumes gab und wegen der sanitären Krise konnten sie nicht von ihrer neuen Spielwiese profitieren. Der Professor ist optimistisch: „Ich freue mich darauf, hier mehr Studenten anzutreffen.“ Die Studierenden sollen dann auch mit Unternehmen der „New Wave of Space“ in Luxemburg zusammenarbeiten und wenn möglich dort eine Anstellung finden.

Bald soll ein weiteres Labor in Luxemburg entstehen, in dem an Weltraumtechnik gearbeitet werden kann. Im „Zero G Lab“ sollen Roboter für den Gebrauch im Orbit entwickelt werden. „Dort wollen wir Schwerelosigkeit auf einer Ebene emulieren.“ Dazu wird ein perfekt flacher Boden mit Epoxidharz überzogen. Mithilfe von Druckluft wird darüber eine Plattform nach dem gleichen Prinzip wie bei einem Airhockey-Tisch zum Schweben gebracht, um so das komplizierte Verhalten von Maschinen im Weltall zu simulieren. So lassen sich zum Beispiel Arbeiten im Weltall simulieren. Wie das LunaLab soll das Zero G Lab komplett schwarz angestrichen werden. Allerdings soll es eine simulierte Sonne erhalten.

Der Text erschien zunächst im Tageblatt.

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