Bedenken wegen Verkehrssicherheit und Lärm Hunsrückquerbahn: Ab Dezember rollt der Güterverkehr

Morbach/Thalfang/Hermeskeil · Ein Schweizer Eisenbahnunternehmen will die Trasse der Hunsrückquerbahn von Langenlonsheim bis Hermeskeil noch in diesem Jahr wieder in Betrieb nehmen. Doch es gibt Bedenken, vor allem wegen des Lärms.

 Am Hinzerather Bahnhof sieht derzeit noch nicht so aus, als könnte hier ein Zug fahren. Doch bis Ende des Jahres soll sich das ändern.

Am Hinzerather Bahnhof sieht derzeit noch nicht so aus, als könnte hier ein Zug fahren. Doch bis Ende des Jahres soll sich das ändern.

Foto: Christoph Strouvelle

Einige Jahre sind über die Bahntrasse von Langenlonsheim nach Hermeskeil keine Züge mehr gerollt. Doch noch in diesem Jahr könnte es auf der Strecke der Hunsrückquerbahn wieder so weit sein.

Denn das Schweizer Bahnunternehmen WRS Widmer Rail Service will die 110 Kilometer lange Strecke pachten und bereits ab Dezember einen Güterverkehr betreiben, sagt Alexander Neubauer, Leiter von WRS Deutschland mit Sitz in Karlsruhe. „Unser Ziel ist es, Güter von der Straße auf die Schiene zu holen“, sagt er. Der Pachtvertrag mit der DB Netz AG ist zwar noch nicht unterschrieben. Die Unterlagen würden allerdings bis Ende des Monats erwartet.

Auf der Suche nach interessanten Strecken, auf denen man etwas entwickeln könne, sei die WRS auf die Hunsrückquerbahn gestoßen und habe sich eingehend mit der Trasse beschäftigt, sagt Neubauer. „Die Strecke hat Potenzial, die Gleise sind o.k.“

Die erste Idee sei gewesen, den Flughafen Hahn per Bahn mit Kerosin zu versorgen. Hinzu kommen die Holzindustrie in Hochscheid und Morbach und die Verlademöglichkeiten an der Zolleiche mit der guten Straßenanbindung an die Hunsrückhöhenstraße. Sowohl Anlieferer aus der Nähe als auch die Ware von Fern-Lastwagen könnten hier auf Waggons verladen werden. „Einen besseren Umschlagplatz gibt es nicht“, sagt er. Möglich sei bei der WRS das Versenden einzelner Waggons. Das Unternehmen fährt in der Schweiz, Österreich und Deutschland mit eigenen Lokomotiven, kann mit Hilfe von Partnerfirmen die angenommenen Güter jedoch europaweit auf Gleisen weiterleiten.

Beginnen soll der Güterverkehr auf der Hunsrückquerbahn mit dem Fahrplanwechsel im Dezember. Diese Terminzusage erfolge allerdings unter Vorbehalt –  aufgrund möglicher Zeitverzögerungen bei Auflagen und Genehmigungen. Geplant ist täglich ein Zugpaar, also einmal hin, einmal zurück. Und das vorzugsweise tagsüber. Was die befürchtete Lärmbelästigung durch Güterverkehr gering erscheinen lässt.

„Wenn wir fahren, sind die meisten bei der Arbeit oder in der Schule“, sagt der Deutschland-Chef von WRS. Wobei auch neue Verordnungen in Kraft treten, wodurch der Güterverkehr künftig leise sein muss.

Bereits im Oktober habe man mit einer Lokomotive bis Morbach fahren wollen, „um zu zeigen, dass es geht“, sagt Neubauer. Dies sei jedoch wegen der Corona-bedingten Einschränkungen und Verzögerungen wohl nicht mehr möglich.

Auch in Hermeskeil seien die Bedingungen gut. Mögliche Geschäftspartner seien vor Ort. Der Bahnhof liege an der Straße, so dass ein einfacher Warenumschlag möglich ist. Für die inzwischen abmontierten Gleise zwischen  Hermeskeil und Türkismühle hätte die WRS auch gerne das Potenzial untersuchen und nutzen wollen, sagt Neubauer, sei aber zu spät gewesen. Die politischen Entscheidungen seien bereits gefallen gewesen.

Bleibt die Frage, ob sich der geplante Güterverkehr mit dem Ausflugsverkehr, den die IG Nationalparkbahn von Morbach nach Thalfang betreiben will, ins Gehege kommt. „Das ist kein Problem. Wir stehen miteinander im Austausch. Das passt für alle“, sagt er. Was Patrick Pandel von der IG bestätigt. „Wenn die WRS die ganze Strecke pachtet, ist das o.k.“, sagt er. „Das beißt sich nicht mit unseren Plänen.“ Stattdessen könnten sich sogar Synergieeffekte ergeben. Pandel: „Wir sehen das als Chance.“

Das sagt die Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich zu den Plänen, die Bahnstrecke wieder in Betrieb zu nehmen:  Eine Beurteilung des Vorhabens ist zum derzeitigen Zeitpunkt nicht abschließend möglich, sagt Manuel Follmann, Sprecher der Kreisverwaltung.

Zwar würden die Reaktivierung des Schienennetzes und mögliche daraus entstehende Potenziale grundsätzlich begrüßt, allerdings können die Auswirkungen einer Inbetriebnahme ohne nähere Kenntnis der Vorhaben nicht abgeschätzt werden.

So müsse im Zuge der weiteren Planungen insbesondere dargelegt werden, wie für die Anrainergemeinden nachteilige Effekte wie beispielsweise Lärm von Beginn an vermieden werden könne.

Das sagt Jutta Blatzheim-Roegler, Landtagsabgeordnete von Bündnis90/Die Grünen: Die besse re Verkehrsanbindung des Hunsrücks durch die Reaktivierung der Hunsrückbahn für den Personennahverkehr sei das erklärte Ziel der Landesregierung, sagt Blatzheim-Roegler.

Gegen die Pläne des Eisenbahnunternehmens WRS, bereits ab Dezember 2020 Güterzüge auf der Strecke einzusetzen, sei mit Blick auf die Rentabilität der Strecke grundsätzlich nichts einzuwenden. Noch sind aus ihrer Sicht aber viele Fragen zu klären: Welche Züge werden eingesetzt? Mit welcher Lärmbelastung müssten die Anwohner der Strecke rechnen? Wie wird die Strecke an den Gleisübergängen gesichert, um Unfälle zu vermeiden? Bei einer Nutzung durch Güterzüge müssen sowohl der Lärmschutz als auch die Sicherheit entlang der Gleise und Schienenübergänge unbedingt gewährleistet sein.

Bettina Brück, Abgeordnete der SPD im Landtag: Brück zeigt sich überrascht, dass sich ein Unternehmen gefunden hat, das auf der Bahnlinie Güterverkehr betreiben will.

Für sie sei es eine positive Entwicklung, wenn etwas daraus werde. Ein Frachtverkehr eröffne Perspektiven für die Verlagerung von Gütern von der Straße auf die Schiene und könne ein Einstieg für einen Personenverkehr sein. Natürlich müsse dies einhergehen mit Sicherheitsvorrichtungen und Lärmschutz beinhalten.

Alexander Licht, Landtagsabgeordneter der CDU: Licht hält es für fragwürdig, dass ein Unternehmen die Bahnlinie betreiben dürfe, ohne dass gewisse Dinge umgesetzt worden seien. Für die Inbetriebnahme bedürfe es eines Konzeptes. „Das sehe ich hier nicht“, sagt er. Licht glaubt, es seien zu hohe Investitionen notwendig, um den Betrieb wirtschaftlich in Gang zu setzen. Zudem sei es wegen der Situation der Anwohner, die unter dem Lärm leiden müssten, fraglich, eine Genehmigung zu erteilen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort