Wirtschaft Was die Region Touristen 2020 zu bieten hat

Trier · Trier lockt in die Unterwelt, der Hunsrück wird zum Hundeparadies, Mosel bietet Wein und Wanderungen, die Eifel wird barrierefrei.

Wein und Geschichte begleiten Urlauber – wie bei diesem Weinrundgang durch Trier – in der Region auf Schritt und Tritt. Der Hunsrück entwickelt aktuell neue Angebote für Hundeliebhaber.

Wein und Geschichte begleiten Urlauber – wie bei diesem Weinrundgang durch Trier – in der Region auf Schritt und Tritt. Der Hunsrück entwickelt aktuell neue Angebote für Hundeliebhaber.

Foto: Trier Tourismus und Marketing GmbH

Aktuell reden alle nur über das Coronavirus. Dabei gibt es so vieles, was sich auf das Reiseverhalten von Menschen auswirkt. Mal ist es ein Flughafen. Mal der Brexit. Der Wille zum Klimaschutz. Das Bedürfnis nach Natur und Ruhe. Sonnige Sommer. Oder einfach ein neues Hotel. Was Experten über die rheinland-pfälzische Tourismus-Bilanz des Jahres 2019 zu sagen haben, ist höchst abwechslungsreich und teils auch erstaunlich. Eine Rekord-Bilanz – auch wenn nicht alle Regionen gleichermaßen gut da stehen.

Die pünktlich zur abgesagten Internationalen Tourismusbörse veröffentlichte Statistik offenbart einige allgemeine Entwicklungen: Der Trend zum Urlaub im eigenen Land hält an. Die Zahl der deutschen Gäste ist in Rheinland-Pfalz weiter gestiegen auf knapp 7,9 Millionen. Klaus Schäfer von der Eifel Tourismus GmbH führt das auch darauf zurück, dass sich manche angesichts internationaler Krisen für einen sicheren Urlaubsort entscheiden und andere für das Klima auf Flugreisen verzichten.

Auch habe Deutschland ein tolles Preis-Leistungsverhältnis. Zudem spielt ländlichen Region voller Naturschönheit noch etwas anderes in die Karten. „Nachhaltiges, naturverbundenes Reisen ist ein globaler Trend“, sagt Klaus Schäfer von der Eifel Tourismus GmbH, die davon profitiert, dass die Eifel mit einem Natur-, National- und Geopark aufwarten kann.

Blickt man in andere Teile der Nation, dann fällt das Wachstum in Rheinland-Pfalz mit weniger als einem Prozentpunkt allerdings ziemlich mickrig aus. Bundesweit stieg die Zahl der Übernachtungen und der Gäste um je rund vier Prozent. Stefan Zindler, Chef der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH, führt das darauf zurück, dass aktuell vor allem Großstädte als Touristenmagnete wirken, von denen es in Rheinland-Pfalz nur wenige gebe. Dennoch ist er zufrieden. „Wir entwickeln uns nicht so dynamisch, aber nachhaltig“, sagt er.

Die Zahl der ausländischen Gäste, die sich in Rheinland-Pfalz erholen, ist im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken. Mit Abstand die meisten kommen aus den Niederlanden, gefolgt von Belgiern, US-Amerikanern, Briten, Franzosen, Schweizern, Polen, Luxemburgern und Dänen.

Auch zeigt die Bilanz, dass Hotel garnis – also solche ohne Restaurant – und Ferienwohnungen- oder Häuser immer beliebter werden: Sie verbuchen plus 16 beziehungsweise plus 11 Prozent bei den Übernachtungen. Vollpension ist out. Und auch auf eine Halbpension wollen sich viele Reisende nicht festlegen. „Die Leute wollen selbst entscheiden, wo sie essen gehen“, sagt Iris Müller von der Hunsrück-Touristik GmbH.

So viel zu den allgemeinen Tendenzen. Schaut man in die einzelnen Regionen, so gibt es ganz unterschiedliche Gründe dafür, dass es gut oder weniger gut läuft. Und auch ganz unterschiedliche Pläne für die Zukunft.

Trier freut sich über einen neuen Rekord: genau 471 471 Gäste verbrachten rund 862 000 Nächte im Zentrum der Antike – 2,6 Prozent mehr als im Vorjahr. „das ist die höchste Übernachtungszahl, die wir je hatten“, sagt Tourismus-Chef Norbert Käthler. Und das ganz ohne Groß­event à la Nero- oder Karl Marx-Ausstellung. Käthler erklärt sich das damit, dass das Marx-Jahr, das Trier zum Thema Tausender Medienberichte machte, noch nachwirkt. „Solche großen Kulturereignisse haben auch eine Impulswirkung“, sagt er. Nicht jeder mache sich dann sofort auf den Weg – zumal die Stadt 2018 an ihrer Kapazitätsgrenze war. So mancher könnte sich den Trubel bewusst erspart haben, um dann ein Jahr später anzureisen. Apropos Kapazität: Die Zahl der Betten ist in Trier seit 2018 um 220 auf 5390 gestiegen. Auch das könnte eine Rolle spielen.

Im Herbst 2020 wird Trier seine Unterwelten öffnen: In uralten Weinkellern, römischen Thermen oder Energietunneln können Besucher dann Musik, Lesungen oder Wein genießen. Auch den „Kulturhafen“, ein Kulturfestival am Zurlaubener Moselufer, soll es wieder geben.


Insgesamt müssen Mosel und Saar allerdings leichte Verluste hinnehmen: Minus 1,3 Prozent bei den Gästen (2,56 Millionen) und minus 1,8 Prozent bei den Übernachtungen (7,19 Millionen). Dennoch bleiben die beiden Flusstäler unangefochten die meistbesuchte Urlaubsregion des Landes – weit vor der Pfalz, dem Rheintal oder der Eifel. Als Ursache für den Rückgang macht Stefan Zindler von der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH den Brexit aus. Dieser treffe die Mosel härter als andere Regionen, da hier der Anteil ausländischer Gäste höher ist als andernorts. 2019 kamen „nur“ 262 000 Briten, im Vorjahr waren es noch 300 000.

Für die Zukunft setzt die Mosel weiter stark auf die Themen Wein und Kulinarik, Wandern, Radfahren und Kultur.  Eines der Jahreshighlights wird die „Woche der Artenvielfalt“, bei der Besucher im Mai die Flora und Fauna der Moselweinberge auf Wandertouren, Ausstellungen und Konzerten erkunden können. Im Spätherbst folgt das Wander-Event „Wünschelrouten“: Wanderführer bringen Besuchern die Reize des Moselsteigs und anderer Wege nahe.

Die Audiotour „Lauschpunkte am Mosel-Radweg“, die an 40 Hörstationen über das Moseltal informiert,  soll es pünktlich zu Beginn der Radsaison an Ostern auch in niederländischer und englischer Sprache geben. Zudem ist eine Architektur-Route in Planung, die die schönsten Vinotheken miteinander verbindet. Die Reisebroschüren wurden komplett überarbeitet und sollen nun genau wie neue Imagefilme dafür sorgen, Menschen für die Weinregion zu begeistern.

„Wir sind sehr zufrieden“, sagt Klaus Schäfer von der Eifel Tourismus GmbH. Hat die Eifel nach Jahren, in denen es leicht bergab gegangen war, 2019 doch wieder Gäste zurückgewinnen können: 1,06 Millionen Besucher bescherten der Urlaubsregion 3,6 Millionen Übernachtungen – je etwa ein Prozent mehr als im Vorjahr.

2018 hatten Hotelschließungen und Renovierungen den Tourismus ausgebremst, während Starkregen Campingplätze verwüstete. 2019 war nicht nur ein Super-Sommer, die Ferienzeit in den Hauptquellgebieten Nordrhein-Westfalen, dem Saarland und Hessen verteilte sich laut Schäfer sehr günstig über zwei Monate. Zudem hätten viele private Betriebe sehr viel Geld investiert. In neue Zimmer, neue Wellnessbereich oder Barrierefreiheit.

Letztere spielt in der Eifel ohnehin eine große Rolle: Süd- und Vulkaneifel sind Modellregionen für barrierefreien Tourismus. Rollstuhlgerechte Wanderwege sind dort ebenso geplant wie „Mehrgenerationenplätze“ auf denen Jugendliche skaten, während Senioren sich im Pavillon ausruhen. Auch die Beratung und Förderung von Betrieben spielt eine wichtige Rolle. „Wir brauchen eine geschlossene Servicekette. Es bringt ja nichts, wenn ich tolle Wege habe, aber weder speisen noch übernachten kann“, sagt Indra Schaperdoth vom Naturpark Südeifel. Bis 2022 sollen die Projekte abgeschlossen sein.

Als Verlierer unter den Tourismusregionen des Landes steht der Hunsrück da. Jedenfalls auf den ersten Blick – ist die im Vergleich ohnehin geringe Zahl der Gäste doch um mehr als sechs Prozent gesunken auf rund 264 000. Die Statistik offenbart auch, woran es liegt: In der Verbandsgemeinde Kirchberg ist laut Iris Müller von der Hunsrück-Touristik ein Rückgang um satte 22 Prozent zu verzeichnen.

Ursache dafür dürfte sein, dass Ryanair am Flughafen Hahn diverse Verbindungen gestrichen hat und dass daher auch weniger Passagiere anreisen.  „Das können die anderen nicht mehr auffangen“, sagt Müller und betont, dass die Hälfte der Verbandsgemeinden sich über steigende Gästezahlen freue.

Auf den zweiten Blick zeigt sich zudem, dass die Übernachtungszahlen trotz allem leicht gewachsen sind. Jörn Winkhaus, Geschäftsführer der Hunsrück-Touristik GmbH, ist überzeugt, dass dies auch daran liegt, dass der Hunsrück mit seinem bekannten Wandersteig und den 111 Traumschleifen vom Megatrend Aktivurlaub in der Natur profitiert.

 28.02.2020, Niedersachsen, Norderney: Sandra und ihr Labrador "Lou" machen bei sonnigem Wetter am Morgen einen Spaziergang auf der Nordseeinsel Norderney. Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | Verwendung weltweit

28.02.2020, Niedersachsen, Norderney: Sandra und ihr Labrador "Lou" machen bei sonnigem Wetter am Morgen einen Spaziergang auf der Nordseeinsel Norderney. Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | Verwendung weltweit

Foto: picture alliance/dpa/Mohssen Assanimoghaddam

Ein Thema will der Hunsrück 2020 besonders voranbringen: Urlaub mit dem Hund. Untersuchungen hätten gezeigt, dass Tiere einen großen Einfluss auf die Wahl des Zielgebietes hätten. Auf einer eigenen Webseite werden nun hundefreundliche Restaurants, Gasthäuser oder Attraktionen aufgelistet. Auch ein neuer Hunde-Freizeit-Park in Thalfang oder ein Hunde-Menschen-Crosslauf sollen Tierliebhaber locken.

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