Motor Top-Modell mit Vergangenheit und Zukunft

TRIER · Der überarbeitete Opel Insignia GSI als moderner Langstreckenkombi im Fahrbericht der Woch.

 Opel hat seinem Flaggschiff, dem Insignia GSI Sports Tourer, ein Facelift verpasst. 

Opel hat seinem Flaggschiff, dem Insignia GSI Sports Tourer, ein Facelift verpasst. 

Foto: Jürgen C. Braun

Jahre- und Jahrzehntelang hat Opel die (gehobene) Mittelklasse mit Modellen wie dem Kapitän, dem Admiral oder dem Senator beherrscht. Von den 1950er bis in die späten 1970er Jahre hinein waren das Autos, mit denen „man etwas darstellte.“ Im vergangenen Jahr haben die Rüsselsheimer ihr Topmodell, den Insignia GSI, „facegeliftet“. So bezeichnet man das, wenn ein Hersteller an einem Fahrzeug Modernisierungen oder Verbesserungen innerhalb des Zyklus vornimmt. Unser Fahrbericht widmet sich dem Insignia GSI als Sports Tourer.

Wer vor vielen Jahren einen Sports Tourer bei Opel haben wollte, der bekam – nichts! Es sei denn, er wollte eigentlich einen Caravan haben. Wer heute einen Caravan bei Opel haben will, der bekommt – auch nichts! Es sei denn, er nimmt einen Sports Tourer. Der ist eigentlich nichts Anderes als der gute alte Caravan aus seligen Kapitän- oder Admiral-Zeiten. Also ein richtiger Familienkombi. Fünf Meter lang ist auch unser Testauto, das allerdings alles andere als eine Limousine mit angeflanschtem Gepäckabteil ist.

Die Designer des deutschen Herstellers, der lange Zeit zu General Motors, dann für einen kürzeren Zeitraum zu PSA und jetzt zum neuen Superkonzern Stellantis gehört, haben ein schönes, coupéartiges Fahrzeug mit leicht abfallender Dachlinie, markantem Kühlergrill, einer signifikanten, dynamischen Seitenansicht mit scharfen Kanten und einem tragenden Heck­abschluss mit markantem Doppel­rohr-­End­auspuff gezeichnet. Die Überarbeitungen an der Optik haben dem GSI gut getan, ohne einen übertriebenen Bürgerschreck à la „Manta der neuen 20er Jahre“ aus dem Auto zu machen. Als der Letzte seiner Art fährt der Insignia noch die alten GM-Gene durch die Gegend.

Das, was der Insignia im Überfluss hat, ist das Preiswerteste an diesem Opel: Platz nämlich. Der kostet nichts. Raum gibt es nicht nur in der Länge, sondern auch quer und hoch auf beiden Sitzreihen. Im Fußraum, für Kopf, Knie und Schultern. Dazu kommen 550 bis 1670 Liter konfigurierbarer Kofferraum mit einem Schienensystem, Verzurr-Ösen und Befestigungsmöglichkeiten, wie sie einem Kombi angediehen sein sollten.

Der Insignia GSI ist ein typisches Langstrecken-Fahrzeug, obwohl er auch durch die Kurven gewuchtet kein rollender Backstein, sondern ein flotter Mittel­klasse­kombi ist. Nicht verzichten möchte man unterwegs auf die AGR-zertifizierten Sitze. Dahinter verbirgt sich die Aktionsgemeinschaft Gesunder Rücken. Die Fauteuils zeichnen sich durch integrierte Kopfstützen, Massage- und Belüftungsfunktion, verstellbare Wangen und ein Komfortgefühl für den Allerwertesten wie im Fernsehsessel aus. 

Auf den 20-Zöllern von Michelin macht er zudem einen guten Eindruck. Das Fahrwerk ist in vier verschiedenen Modi einstellbar. Sein größtes Plus jedoch: Dank eines kleinen Drucks auf die AWD-Taste in der Mittelkonsole schaltet man die Hinterachse mit dazu, was sich auch auf den Verbrauch günstig auswirken soll. Darüber freut sich vor allem die Traktion am Ausgang scharfen Geschlängels, weil man Selbige dann nicht anschließend auf dem Fundament suchen muss. Dank Torque Vectoring an der Hinterachse gebärdet sich der Insignia GSI auch bei flotter Fahrt nicht aus­bruchs­verdächtig.

Bei der Motorisierung ist Opel den umgekehrten Weg gegangen, als man das eigentlich bei der Vorstellung neuer Modellreihen oder überarbeiteten Fahrzeug­generation gewöhnt ist. Das Prinzip der Steigerung von Leistung und Geschwindigkeit wurde der Reduzierung der Emissionen und des Verbrauchs geopfert. 230 statt 260 PS, 350 statt wie vorher 400 Newtonmeter Drehmoment. Für einen GSI hätten wir uns jedoch einen Schuss mehr Längsdynamik und – aber das ist von Fahrgefühl zu Fahrgefühl verschieden – etwas weniger Poltern bei langsamer Fahrweise gewünscht.

Unser Fazit: Opel hat dem Insignia GSI beim Facelift nicht seine sportlichen Attribute geklaut. Wo GSI drauf steht und ein paar rote Brembo-Scheiben durchschimmern, darf man auch Sturm und Drang erwarten. Wir fuhren eine harmonisch geschnittene, moderne Limousine, die sich vor der Premium-Konkurrenz nicht fürchten muss. Mit Online-Navigation, Stau­infos in Echtzeit, Park­platz­infos, Head-Up-Display in hoher Auflösung und Spiegelung der Handy-Inhalte ist das Top­-Modell der Rüsselsheimer immer noch eine deutsche Top-Marke mit Vergangenheit und Zukunft.

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