Die Woche im Blick Die Gefahr des weniger Tödlichen

Manchmal lohnt es sich zurückzublicken: Ich selbst war überrascht, dass ich an dieser Stelle zuletzt vor vier Wochen über das Coronavirus geschrieben habe. Gefühlt ist es das Thema schlechthin, in fast allen Medien.

Die Gefahr beim Coronavirus: Covid-19 tarnt sich gut
Foto: TV/Friedemann Vetter

In diesen „kurzen“ vier Wochen ist viel und wenig passiert.

Es ist viel passiert mit Blick auf die Zahl der Infizierten in Deutschland: Damals gab es eine Gruppe in Bayern. Mittlerweile gibt es in verschiedensten Regionen Betroffene. Und es ist, ohne Panik schüren zu wollen, davon auszugehen, dass sich das Virus weiter verbreiten wird.

Es ist wenig passiert mit Blick auf die seriöse Einordnung, wie viele Menschen wirklich betroffen sein werden und vor allem mit Blick darauf, wie viele wirklich schwer erkranken und wie viele sterben werden.

Warum aber ist in unserer modernen Welt die Prognose so schwer? Und warum verbreitet sich das Virus schnell? Das liegt vor allem daran, dass es als ungefährlicher eingestuft wird als etwa die Vogelgrippe. Es klingt paradox, aber weil die Erkrankung oft milde verläuft, stecken Betroffene häufiger andere an. Oder um es noch drastischer zu erläutern: Wer an der Vogelgrippe erkrankt, schafft es teils nicht einmal mehr aus dem Haus – und kann nichts verbreiten. Nun ist sogar wahrscheinlich, dass manche gar nicht merken, dass sie das Coronavirus haben, zumal die Inkubationszeit bis zu 14 Tage beträgt. Diese Dunkelziffern führen dazu, dass die Sterblichkeitsrate überschätzt wird.

Also ist alles nicht so schlimm? Das zu behaupten, wäre ebenso wenig seriös. Denn es gibt einen Punkt, der dazu führt, dass die Sterblichkeitsrate unterschätzt wird: Bei vielen Infizierten ist noch nicht bekannt, wie die Krankheit sich entwickeln wird, sie sind noch nicht geheilt – es könnte also noch mehr Todesfälle geben.

Auch wenn die Wissenschaftler noch um Prozentpunkte streiten, bei einer Einschätzung sind sie sich dennoch einig: Die Sterblichkeitsrate liegt beim Coronavirus höher als bei der Grippe. Bei dieser beträgt die Rate 0,1 Prozent, beim neuen Virus schätzen viele auf etwa 1 Prozent. All diese Zahlen verwirren Sie? Damit sind Sie nicht alleine. Wir merken immer wieder, dass es wichtig ist, sehr sachlich zu informieren, aber ebenso nichts wegzulassen. Das ist auch die richtige Devise für alle Politiker und Gesundheitsexperten. Der offene Umgang mit Fakten und Unwägbarkeiten ist wichtig, um richtig handeln zu können und keine Panik aufkommen zu lassen. Ja, es ist wahrscheinlich, dass das Virus irgendwann in unsere Region kommt. Ja, es ist wahrscheinlich, dass es schwere Fälle geben wird. Aber es gilt ebenso: Nein, es wird nicht nur schwere Verläufe, sondern viele milde geben. Nein, es ist nicht damit zu rechnen, dass das Virus sich im Sommer immer noch genauso schnell verbreiten wird.

In diesem Sinne gilt wie vor vier Wochen: Seien Sie wachsam, nicht panisch. Jeder kann die Hygieneregeln befolgen. Jeder kann im Verdachtsfall zunächst beim Arzt oder Gesundheitsamt anrufen. Und jeder kann damit selbst dazu beitragen, dass unsere medizinische Versorgung nicht noch stärker beansprucht wird als notwendig.

t.roth@volksfreund.de

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